Kein Erfolg für Kaisers

■ Die Nachfahren von Wilhelm II. wollten einen Quadratkilometer Potsdam erstreiten

Potsdam (taz) – Achtzehn Aktenzeichen weist der Aushang neben der Tür des Sitzungssaals aus. Achtzehn Klagen, über die das Verwaltungsgericht Potsdam am Donnerstag in einem einzigen Verfahren entschieden hat. Hinter den Ziffern und Buchstaben verbergen sich Grundstücke in der Brandenburgischen Landeshauptstadt. Zusammen sind sie ein Quadratkilometer groß. Der geschätzte Wert: 100 Millionen Mark.

Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen soll die Grundstücke zurückgeben – samt der darauf stehenden Villen, eines Teils des Schloßparks von Sanssouci und des Schlosses Lindstedt. Anspruch erhoben hat die Adelsfamilie Hohenzollern. Job Ferdinand von Strantz vertritt die Erben des letzten deutschen Kaisers vor dem Verwaltungsgericht. Der 61jährige ist „seit 30 Jahren im Dienste des Hauses“. Die Ansprüche der Hohenzollern gründen sich auf Zeiten, die noch viel weiter zurückliegen.

„Seit dem Großen Kurfürsten besitzt die Familie Ländereien in Potsdam“, sagt von Strantz. Da sei es doch nur natürlich, „daß man den Besitz zurückhaben will“. Insgesamt 244 Immobilien zählte Kaiser Wilhelm II. zu seinem Potsdamer Privatbesitz. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden sie laut Befehl der Sowjetischen Militär-Administration in Deutschland (SMAD) beschlagnahmt und im November 1948 enteignet. Rechtsanwalt von Strantz wollte in dem Verfahren am Donnerstag beweisen, daß nicht die Sowjet-Armee den Besitz haben wollte. Vielmehr sei dies auf Betreiben der deutschen Kommunisten passiert – also nicht unter Besatzungsrecht und damit illegal. Darüber wollten die Richter des Verwaltungsgerichts erst gar nicht verhandeln. „Es ist glasklar, daß der Besitz von der SMAD enteignet wurde“, sagte der Vorsitzende Richter Wilfried Hamm. „Durch die Befehle 64 und 124.“

Noch einmal nüchterne Zahlen. Warum ist mit ihnen der Fall für von Strantz nicht abgeschlossen? Geldsorgen dürften die Hohenzollern wohl kaum plagen. Lastet der Erinnerungswert so schwer auf den Herzen der Erben? Von Strantz tut so, als führe er einen Musterprozeß für alle Verfolgten des SED-Regimes. „Hunderttausende sind nach 1945 unrechtmäßig enteignet worden.“ Von Strantz seufzt und fährt sich durch die grauen Haare. Immer wieder nennt er seine einfachen Gründe: „Es ist völlig klar, daß man seinen Besitz nicht kampflos aufgibt.“

Doch die erste Kammer des Verwaltungsgerichts wies alle achtzehn Klagen ab. Die Rechtslage sei „glasklar“ und von höchstrichterlicher Rechtsprechung gestützt. Till Ottlitz