Ein Hollergraben in der Rathaushalle

■ Aktionsbündis gegen „Flächenfraß“, taz-Serie: Teil 6 / Heute: die Bürgerinitiative zur Rettung des Hollerlandes/ Sie hat viele schöne Seiten und plant derzeit ein großes Ausstellungsprojekt

Recht besehen, ist das Naturschutzgebiet Hollerland eigentlich ein Resultat der Bremer Gewerbelust. Denn ohne die Sechziger-Jahre-Pläne, hier in dem 800 Jahre alten Bauernland Gewerbe hochzuziehen, wäre die gräbenzerfurchte Feuchtgrünzone von den Bauern vielleicht längst in eine intensive Landwirtschaft miteinbezogen worden. Wegen der Baupläne aber und der damit verbundenen Grundstücksverkäufe überließ man das flache Holländerland erstmal seinem Wildwuchs, und so gedeihen in der Pannlake heute Erdbeerklee und einspelzige Sumpfsimse.

Mit Krebsschere und Grüner Mosaikjungfer aber wuchs nicht nur die Natur, sondern auch die Lust an ihr. Und so stand denn seit Ende der Siebziger bei allen Versuchen, das Hollerland in ein Gewerbegebiet, ein Technologiezentrum oder eine Autobahnauffahrt zu verwandeln, die „Bürgerinitiative zur Rettung des Hollerlandes“ davor und wurde in und mit ihrem Deichgrafen Gerold Janssen zum Symbol für Bremens Ökologiebewegung.

Und heute? Die BI lebt – wenn auch, findet ihr Mitstreiter Jan Saffe mit ein bißchen Bedauern , „zur Zeit eher als eine Profitruppe“. Die Frauen und Männer von einst, die Kuchen buken und sich um die Klos fürs Fest auf der Jan-Reiners-Wiese kümmerten, sind nicht mehr da. Vielleicht kommen sie ja zurück, wenn der Streit um „Bremens Klimaquelle“ wieder losgeht. Denn weder die Erweiterung des angrenzenden Technologie-parks noch die Autobahnauf-fahrt quer durch das Biotop sind ganz vom Tisch. Gerold Janssen ist da ganz skeptisch: „Die CDU – Perschau und Hattig – die wollen bauen. Und auch die SPD läßt sich zu keinem längerfristigen Versprechen hinreißen: In dieser Legislaturperiode nicht mehr, sagt Henning Scherf. Mehr nicht.“ So viel zur Politik, bevor der Janssen, der Fuchs, schnell den Bogen ins Volk zurückspannt: „Die Bremer entscheiden im Juni mit ihrer Stimme auch über das Hollerland.“

Und damit das Volk auch kapiert, worüber es da eigentlich entscheidet, hat der einstige Deichgraf sich für die schönste Vorwahlzeit im Mai die Untere Rathaushalle reserviert. Sieben Stunden saßen die Ausstellungsma-cher gerade wieder zusammen um sich unter Anleitung eines Grafikdesign – Profis in die Geheimnisse des Ausstellungs-wesens einweihen zu lassen.

„Wir bauen da ein sechs Meter großes Stück Hollerland-Graben in die Rathaushalle“ – mit echtem Wasser, Aquarien und blühenden Pflanzen, mit Computersimulationen und mit einer kleinen Gerold-Janssen-Reliquien-Ecke. Solch eine Ausstellung ist mit hohen Kosten verbunden, die mühselig durch Sponsoren und Spenden auf die Beine gebracht werden. „Es wäre einfach eine Riesenblamage, wenn wir da keine blitzblanke Ausstellung hinstellen“, verteidigt Janssen gegen seinen BI-Kameraden Jan Saffe die Professionalisierung seiner BI.

Aber Saffe ist ihm doch gar nicht böse. Ihm ist der Einfluß des BUND, der bei dem Ausstellungsprojekt stark beteiligt ist, manchmal etwas zu stark: „Ich vertraue auf Bürgerkraft!“ sagt Saffe. Denn dahin geht die Liebe des 38jährigen aus Peterswerder, die Liebe des Stadtmenschen aus dem Viertel, der von einer grünen Bremer Vernetzung träumt. Und dafür arbeitet. Bei dem jüngst zustandegekommenen ersten Bündnis der sieben stärksten Bremer Bürgerinitiativen waren der Grüne Klaus Möhle und Jan Saffe selbst maßgeblich beteiligt. Anlaß auch für die Artikelserie hier in der taz.

„Politische Kultur!“ sagt er: „Wir müssen die Energien, die im Widerstand vor Ort entstehen, in die weite Welt raustragen.“ Zumindest in die weite Bremer Welt. Jan Saffe sagt das schüchterner als es sich liest. Ein Macher ist er wohl nicht, sondern geht einfach gerne aus seiner Haustür ins Hollerland. Oder in die Osterholzer Feldmark: „Die ist wunderschön.“

Im April möchte er mit allen zusammen einen Aktionstag auf dem Bremer Marktplatz machen. Sozusagen ein Vorspiel für die Ausstellung am 21. Mai. Vielleicht paßt das ja wirklich alles zusammen in der BI Hollerland. ritz