Richter ebnen Weg für Exekution auf den Philippinen

■ Jetzt soll doch erstmals seit 1976 die Todesstrafe vollstreckt werden. Parlament gegen Reform

Bangkok (taz) – Auf den Philippinen scheint der Streit über die Todesstrafe entschieden: Das Oberste Gericht hob gestern seinen Einspruch gegen die Hinrichtung von Leo Echegaray auf, der wegen Vergewaltigung seiner Stieftochter verurteilt ist. Eine untergeordnete Instanz soll nun das Todesdatum des 38jährigen bestimmen. Das Parlament hatte zuvor nach zehnstündiger Debatte beschlossen, die Todesstrafe nicht abzuschaffen.

Der Fall spaltet die philippinische Gesellschaft: Gegen den Widerstand der katholischen Kirche und von Menschenrechtsorganisationen hatte das Parlament die Todesstrafe 1993 eingeführt. Seitdem wurden über 800 Todesurteile gefällt, aber noch keines vollstreckt. Drei Stunden bevor Echegaray Anfang Januar als erster sterben sollte, hielten die obersten Richter seine geplante Hinrichtung auf. Präsident Joseph Estrada war wütend. Wenn ein Mann wegen einer Sünde „für die Gesellschaft gefährlich“ sei, zitierte der Regierungschef den katholischen Heiligen Thomas von Aquin, dann sei es zu loben, wenn er „um des Allgemeinwohls willen“ getötet werde.

Der Präsident empfing demonstrativ das Opfer und versprach, sich für den Tod ihres Peinigers einzusetzen. Estradas Frau Luisa zog mit der heute 15jährigen „Baby“ Echegaray in einem Marsch für die Todesstrafe durch Manila. Der Täter, der im Dezember im Gefängnis geheiratet hatte, gewann zudem wenig öffentliche Sympathien: Er habe keinerlei Reue gezeigt und noch am Vorabend seiner geplanten Hinrichtung einen Pornofilm angeschaut, entrüsteten sich Zeitungen. Nach dem Ende der Marcos-Diktatur wurde die 1976 zuletzt vollstreckte Todesstrafe 1987 abgeschafft.

Viele Menschen auf den überwiegend katholischen Philippinen sind der Gewaltverbrechen müde. Morde, Entführungen und Vergewaltigungen sind alltäglich. Präsident Estrada war früher ein beliebter Schauspieler, der gern den einsamen Kämpfer für Gesetz und Ordung spielte. Im Wahlkampf 1998 versprach er, unbarmherzig Verbrechen zu bekämpfen. Im Fall Echegaray wies er alle Gnadenappelle des Vatikan und der EU zurück. Jutta Lietsch