„Aberwitzig, noch länger zu warten“

■ Roland Koch, CDU, will am 7. Februar Hessens Ministerpräsident werden. Er verteidigt die Unterschriftenlisten gegen die doppelte Staatsangehörigkeit

taz: Sie preschen mit einer eigenen Unterschriftenaktion vor. Begreift sich die hessische CDU schon als Brückenkopf der CSU?

Roland Koch: In der CDU wie in der CSU wird überwiegend die Auffassung vertreten, daß die doppelte Staatsbürgerschaft ein Fehler ist. Im Bundestag können wir SPD und Grüne nicht stoppen. Deshalb muß jetzt vor allem der SPD mit dieser Unterschriftenaktion klargemacht werden, daß sie gegen die Interessen auch ihrer eigenen Wähler handelt. In der SPD haben das einige, wie etwa Klose, schon gemerkt.

Wie die Bayern wollen Sie keinen islamischen Schulunterricht dulden.

In dieser Frage liege ich quer zu meiner Partei. Wir haben in Hessen die Erfahrung gemacht, daß es keine vernünftigen Ansprechpartner dafür gibt, eine Lösung so zu realisieren, daß der Unterricht auf dem Boden des Grundgesetzes und der Gesetze hier stattfindet. Alle Parteien in Hessen sehen das so, auch die Grünen.

Sie stehen knapp vor der Landtagswahl. Finden Sie keine anderen Wahlkampfthemen?

Die Bürger haben ein großes Interesse an dieser Aktion. Und ich kann doch diesen Bürgern, die uns unterstützen wollen, jetzt an den Wahlkampfständen nicht sagen: ,Kommt in zwei Wochen wieder.‘ Eine Partei muß in der Lage sein, die Fragestellung für eine Unterschriftenaktion in kurzer Zeit zu konzipieren. Das ist uns jetzt gelungen. Es wäre deshalb aberwitzig, die Bürger noch länger warten zu lassen, nachdem sich CDU und CSU auf einen gemeinsamen Text verständigt haben.

Fürchten Sie, in der rassistischen Ecke Unterstützer zu finden?

Wenn diese Leute diesen sauber formulierten Text tatsächlich unterschreiben sollten, sind wir in Deutschland ein verdammt großes Stück weiter nach vorne gekommen. Es geht zunächst um ein eindeutiges Bekenntnis zur Integration. Wir wollen, daß die ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger deutsche Staatsbürger werden, mit gleichen Rechten und Pflichten wie alle Deutschen. Deshalb wenden wir uns im zweiten Teil des Textes gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, die Sonderrechte schafft. Und überhaupt: Es kann doch nicht angehen, daß ein solches Gesetz in Deutschland nicht öffentlich diskutiert werden kann, nur weil es rechte Trittbrettfahrer gibt.

Otto von Habsburg von der CSU hat den österreichischen und den deutschen Paß. Er zählt zu den zwei Millionen Doppelstaatlern. Muß ihm der deutsche Paß abgenommen werden?

Wir haben immer gesagt, daß wir nur gegen die generelle und ungeprüfte Vergabe der doppelten Staatsbürgerschaft sind. Das bedeutet nämlich, über Generationen gerechnet, daß die Doppelstaatsbürger sehr viele Millionen werden: zwölf bis fünfzehn Millionen in den nächsten Jahrzehnten. Die Doppelstaatler, die es schon gibt, die akzeptieren wir. Bei ihnen gab es gewichtige Gründe für die Vergabe, etwa die Weigerung des Iran, seine Bürger aus der Staatsbürgerschaft zu entlassen.

Wann wird Ihre Aktion zum Erfolg: wenn 100.000 unterschreiben, eine Million, zehn Millionen?

Erfolg definiere ich so: Die Sozialdemokraten im Deutschen Bundestag ziehen das Gesetz zurück. Es geht mir um die Signalwirkung – auch und gerade im Wahlkampf. Sollte die SPD in Hessen verlieren, wird es keine doppelte Staatsbürgerschaft in Deutschland geben. Davon bin ich überzeugt.

Interview: Klaus-Peter Klingelschmitt