Taxifahrer solidarisch

■ Mit Spenden und Selbstanzeigen sollen Kollegen in Sachsen unterstützt werden

Die Zuschauer mußten mit dem Sohn vorliebnehmen. „Mein Vater wäre gerne hier“, konstatierte Jörg Wunschmann nüchtern, „aber das geht ja leider nicht.“ Sein Vater ist einer der inzwischen fünf Taxifahrer, gegen die im sächsischen Zittau Haftstrafen verhängt wurden, weil sie auf bundesdeutschem Boden illegal eingereiste Ausländer transportiert haben. Klaus Wünschmann hat zwei Jahre und zwei Monate ohne Bewährung bekommen.

Über 200 Leute kamen am Donnerstag abend im Kreuzberger Elternzentrum zusammen, um der von der Forschungsgesellschaft Flucht und Migration und der Antirassistischen Initiative organisierten Veranstaltung „Mit dem Taxi ins Gefängnis“ beizuwohnen. Sie lauschten den Schilderungen der Rechtsanwältin Karin Zebisch über die „abenteuerliche Beweisführung“ der sächsischen Gerichte, die inzwischen die Merkmale „nasse Kleidung“ oder „schmutzige Schuhe“ als offensichtliche Kennzeichen der illegalen Einreise auslegen. Und selbiges den Taxifahrern abverlangen, da sie anderenfalls nach Paragraph 92a des Ausländergesetzes („Verbringung von illegal Eingereisten“) verurteilt werden können. Sie hörten den Deutschen Biplab Basu, der im Selbsttest untersuchte, welche Auswirkungen die Rechtspraxis im Grenzgebiet hat. Kein Taxifahrer wollte den indischstämmigen Berliner transportieren, einer rief die Polizei. Die ließ sich den Paß zeigen. Die Beamtin zu Basu: „Sie sehen halt so ausländisch aus!“

Die Fassungslosigkeit der Zuschauer, unter ihnen viele Berliner Taxifahrer sowie die Londoner Rechtsanwältin Frances Webber, war groß. Webber: „Wenn dieser Trend sich fortsetzt, werden bald Heerscharen von Lehrern, Sozialarbeitern und Krankenschwestern im Knast sitzen, die nichts anderes tun, als ihren Beruf auszuüben.“

In Arbeitsgruppen sollen jetzt Ideen entwickelt werden, wie den Kollegen von Berlin aus geholfen werden kann. Der Taxifahrer-Zusammenschluß „Taxista“ will einen Solidaritätsfonds für die Inhaftierten einrichten und hat bereits 180 Unterschriften für ein Flugblatt gesammelt, auf dem es unter anderem heißt: „Wir stehen zu unserer Beförderungspflicht und werden auch künftig Menschen mit schlechtem Deutsch, viel Gepäck und nasser Kleidung befördern.“ Auch über massenhafte Selbstanzeigen von Taxifahrern soll nachgedacht werden. Jeannette Goddar