Hoffen auf eine gemeinsame Liga

Siroki Brijeg ist das Zentrum Westherzegowinas – und spielt als erster bosnisch-herzegowinischer Basketball-Meister nach dem Krieg im Europa-Cup  ■ Von Zeljko Brkic und Jürgen H. Kreller

Die Hoffnung auf das Erreichen des Achtelfinales im europäischen Saporta-Cup hat der bosnische Meister HKK Siroki Brijeg schon vor den letzten beiden Gruppenspielen heute gegen Lulea und nächsten Dienstag gegen Limoges aufgeben müssen. Erst einen Sieg konnte das Team landen, und zwar in ihrem derzeitigen Heimspielort, der herzegowinischen Kleinstadt Citluk, gegen Antwerpen. Gegen den derzeitigen Bundesligaspitzenreiter TVG Trier gingen dagegen beide Partien verloren. Vlado Vanjak ist dennoch zufrieden. „Die Mannschaft ist jung und unerfahren“, sagt der Trainer, „wir können uns nur durch Spiele gegen starke Mannschaften steigern, die in unserer Meisterschaft selten vorkommen.“ Siroki Brijeg war bis zum bosnischen Titelgewinn auch vielen Fans aus dem ehemaligen Jugoslawien unbekannt. Dort ist Basketball eine der populärsten Sportarten, und die Mannschaften aus Split, Zagreb, Belgrad oder Sarajevo waren lange Zeit führend in Europa.

Die Kleinstadt Siroki Brijeg in Herzegowina ist mit etwa 10.000 Einwohnern das politische, kulturelle und wirtschaftliche Zentrum des überwiegend von Kroaten bewohnten westherzegowinischen Kantons. Zu Zeiten Jugoslawiens hieß die Stadt Listica. Erst kurz vor dem Krieg erhielt sie den alten Namen Siroki Brijeg zurück. Der Basketballsport hat in dieser Gegend keine große Tradition.

Die Mannschaft wurde 1974 unter dem Namen „Mladost Listica“ gegründet und dümpelte mit wechselhaftem Erfolg in der Verbandsliga, bis sie 1989 in die erste bosnisch-herzegowinische Liga aufstieg, damals die dritte Liga in Jugoslawien. Als Anfang der 90er Jahre der Krieg in Bosnien und Herzegowina begann, war Schluß mit Basketball. Die Mannschaft konstituierte sich erst 1994 wieder und bekam im darauf folgenden Jahr den heutigen Namen: „Kroatischer Basketball Club Siroki“. Dank guter Zusammenarbeit mit dem dreimaligen Europapokalsieger Split kam 1996 der Trainer Mladen Vuskovic aus Split und brachte Edi Vulic mit, der zu den besten Basketballspielern in Bosnien und Herzegowina gehört. Weitere Stars sind der kroatische Nationalspieler Miro Inric, dazu Ivan Velic und Jadran Popovic.

Das Zusammenwirken von spielerischer Qualität einerseits und einem professionellen Umfeld andererseits führte dazu, daß Siroki in diesem Jahr Meister und Vize-Pokalsieger des kroatischen Teils der bosnisch-herzegowinischen Liga wurde. „Acht Unternehmer aus der lokalen Wirtschaft sind unsere Hauptsponsoren“, erklärt Manager Karlo Sopta, „insgesamt haben wir über 90 Förderer.“ Für die Teilnahme am Saporta- Cup gab es finanzielle Hilfe von der Gemeinde Siroki Brijeg.

Die Basketballmeisterschaft in Bosnien und Herzegowina ist seit dem Abkommen von Dayton nach ethnischen Prinzipien organisiert. Es gibt drei Ligen: die bosnische, die serbische und die kroatische. Die vier besten Mannschaften der bosniakischen und der kroatischen Liga Bosnien-Herzegowinas spielen um den Super-Cup, den Siroki in einem dramatischen Finale gegen Sloboda Dita aus Tuzla gewann. Im Meisterschaftsfinale schlug Siroki Bosna Sarajevo mit 77:64 und wurde damit der erste bosnisch-herzegowinische Meister nach dem Krieg.

Obwohl die politischen Voraussetzungen immer noch nicht geschaffen worden sind, hofft Karlo Sopta, daß es ab 1999 eine gemeinsame Liga des bosniakischen, kroatischen und bald auch serbischen Teils von Bosnien und Herzegowina geben wird. „Dann wird unsere Liga nicht mehr schlechter als die kroatische sein“, glaubt der Siroki-Manager. Bis dahin soll auch Schluß sein mit der Austragung der wichtigen Spiele in Citluk. Im Dezember beginnt der Bau einer Halle mit 4.000 Plätzen. „Wenn sie fertig ist“, sagt Sopta, „werden wir endlich auch richtige Gastgeber sein können.“

Vor ein oder zwei Jahren war es noch undenkbar, daß die Mannschaften aus Sarajevo und Siroki Brijeg in Banja Luka auftreten, oder umgekehrt. Nun scheint es Realität zu werden. Wer weiß, vielleicht kann der Volkssport Basketball mit einer gemeinsamen Liga ja sogar zu einer schnelleren Versöhnung der Volksgruppen in Bosnien und Herzegowina beitragen.