Kriegsschiffe gegen Entwicklungshilfe

Das „Deutsche Fregattenkonsortium“ wird an Südafrikas größtem Rüstungsgeschäft beteiligt  ■ Aus Johannesburg Kordula Doerfler

Ein deutscher Konzern wird voraussichtlich den Zuschlag für den größten Rüstungsauftrag in der südafrikanischen Geschichte erhalten. Die südafrikanische Tageszeitung Business Day berichtete gestern, das „Deutsche Fregattenkonsortium“ solle vier leichte Fregatten und drei U-Boote an Südafrika liefern. Das südafrikanische Kabinett wird voraussichtlich heute eine endgültige Entscheidung über das höchst umstrittene Paket treffen.

Das „Deutsche Fregattenkonsortium“ ist ein Zusammenschluß der Hamburger Thyssen-Werft Blohm + Voss, der Kieler Preussagtochter Howaldtswerke-Deutsche Werft AG (HDW) (siehe Text unten) und der Thyssen Rheinstahl Technik. Gemeinsam mit Daimler-Benz Aerospace (Dasa) hatten die Firmen der südafrikanischen Regierung im August vergangenen Jahres ein Gesamtpaket unter dem Namen „Südafrikanisch-Deutsche Strategische Partnerschaft“ angeboten.

Die Schiffe sind Teil eines Rüstungsauftrages im Wert von umgerechnet zehn Milliarden Mark, mit dem Südafrika seine veraltete Armee modernisieren will. War ursprünglich, nach dem Machtwechsel im Jahr 1994, nur von vier neuen Fregatten die Rede, wuchs das Geschäft immer mehr an.

Zu dem Gesamtpaket gehören mittlerweile auch Kampf- und Trainingsflugzeuge, Hubschrauber und Panzer. Mehrere europäische Länder sowie die USA und Kanada machten Angebote und konkurrierten so scharf miteinander, daß Südafrika sich viel mehr Zeit als ursprünglich vorgesehen mit der Entscheidung ließ.

Denn die Zuschläge in Milliardenhöhe bekommt niemand umsonst. Die südafrikanische Regierung hatte zur Auflage gemacht, daß das Geschäft von umfangreichen Investitionen und indirekter Entwicklungshilfe begleitet wird. Auch jetzt mochte sie sich nicht für nur einen Anbieter entscheiden; schon seit Monaten ist klar, daß der Auftrag unter mehreren Ländern aufgeteilt wird.

Im deutschen Angebot ist vorgesehen, daß südafrikanische Firmen einen großen Teil der Innenausstattung der Schiffe und U-Boote übernehmen. Im Gegenzug verpflichtet man sich, kleine und mittlere Unternehmen in Südafrika zu fördern, Ausbildungsprogramme zu starten und Technologie zu exportieren. Außerdem will man sich an einem Hausbauprogramm der südafrikanischen Regierung beteiligen. Damit sollen 2.000 Arbeitsplätze und 20.000 Wohneinheiten geschaffen werden. Deutschland ist traditionell einer der wichtigsten Handelspartner Südafrikas und der zweitgrößte ausländische Investor am Kap. Auch zu Zeiten der Apartheid waren deutsche Firmen dort aktiv und ignorierten die Sanktionspolitik. Heute arbeiten in rund 300 deutschen Firmen etwa 60.000 Menschen.

Innerhalb Südafrikas ist der Rüstungsauftrag höchst umstritten. Gestern war noch unklar, ob Finanzminister Trevor Manuel (ANC) überhaupt seine Zustimmung geben wird. Verteidigungsminister Joe Modise (ANC), selbst ein alter Guerillakämpfer, argumentiert stets damit, daß die Ausrüstung der südafrikanischen Armee veraltet sei und insbesondere die Schiffe und U-Boote zur Überwachung der Küsten notwendig seien. „Wir sind entschlossen, unsere schwer errungene Freiheit in einer unvorhersagbaren Welt zu verteidigen“, sagte er gestern anläßlich der Eröffnung von Afrikas größter Waffenschau in Pretoria. Kaum zufällig sind dort alle Anbieter vertreten.

Kritiker wie die Kommunistische Partei und der Südafrikanische Kirchenrat werfen der Regierung indessen vor, das Schwellenland Südafrika könne es sich nicht leisten, derart viel Geld in die Armee zu stecken, zumal der Verteidigungsetat unter der neuen Regierung stark reduziert wurde. Die moderne Rüstungsindustrie, die während der Apartheid aufgebaut wurde, ist jedoch auch heute noch einer der wichtigsten Arbeitgeber in Südafrika und zweitwichtigste Exportbranche des Landes.