Spekulanten können aufatmen

Lafontaine setzt sich nicht durch mit seinem Plan, die Wechselkurse weltweit zu stabilisieren. Vor allem die Bundesbank leistet Widerstand  ■ Von Markus Franz und Nicola Liebert

Bonn/Berlin (taz) – Finanzminister Oskar Lafontaine ist vorerst mit seinem Plan gescheitert, einen deutsch-französischen Vorstoß für stabile Wechselkurse präsentieren zu können. Gerne hätte er gestern beim deutsch-französischen Finanz- und Wirtschaftsrat in Bonn eine gemeinsame schriftliche Erklärung mit seinem französischen Kollegen Dominique Strauss- Kahn über die Stabilisierung der Finanzmärkte vorgelegt. Frankreich hat allerdings Vorbehalte.

Nach Lafontaines Vorstellungen sollten die großen Währungen Dollar, Yen und Euro aneinander gekoppelt werden. Auf- oder Abwertungen würden zwar noch zugelassen, doch sollten dafür vorab Zielzonen festgelegt werden.

Lafontaines Staatssekretär Heiner Flassbeck, bis vor kurzem noch Konjunkturforscher beim Deutschen Institut für Wirtschaftspolitik (DIW), hat den Plan präzisiert: Die Zentralbanken der USA, der Europäischen Währungsunion und Japans würden demnach jedes Jahr die Wechselkurse neu festlegen und sich dabei an den unterschiedlichen Inflationsraten in den Ländern orientieren. Entwickeln sich die Währungen nämlich genauso wie die Preise, bleiben gemessen an der Kaufkraft die Wechselkurse relativ zueinander stabil. Ein Deutscher würde also in den USA für seine Mark (oder seinen Euro) immer ungefähr gleich viel bekommen.

Durch ein stabiles Wechselkurssystem, hofft Lafontaine, seien Störungen im internationalen Warenverkehr und damit auch auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu verhindern. Andere Staaten könnten ihre Währung an eine der drei großen Währungen anbinden.

Nicht nur die französische Seite hat dagegen Bedenken. Vor allem auch die Bundesbank leistet Widerstand. Die wirtschaftliche Situation der drei Wirtschaftsblöcke sei zu unterschiedlich. Die Euro- Zentralbank müßte zu oft durch den Kauf der schwächeren Währung intervenieren, um die Wechselkurs-Bandbreite garantieren zu können. Selbst Bundeskanzler Gerhard Schröder scheint auf Abstand zu gehen. Anders ist es nicht zu erklären, daß er nicht Heiner Flassbeck zum außenwirtschaftlichen Berater ernannte, sondern den Hochschullehrer Klaus Gretschmann. Dabei war es bisher immer üblich gewesen, den Finanzstaatssekretär zu berufen.

In der Pressekonferenz, die sich gestern an den deutsch-französischen Wirtschaftsgipfel anschloß, hat sich Lafontaine nur noch sehr vorsichtig geäußert. Niemand habe dem Ziel widersprochen, zu einer Stabilisierung der Wechselkurse zu kommen, war alles, was er sagte. Der Begriff „Stabilisierung“ ist aber so allgemein und unstrittig, daß daraus noch auf keine neue Entwicklung zu schließen ist. Sein französischer Amtskollege Dominique Strauss-Kahn ging in seinem Statement überhaupt nicht auf die Wechselkurse ein. Auf Nachfrage sagte er: „Wir arbeiten noch an einem Memorandum“.

Schon in der vergangenen Woche hatten auch die USA signalisiert, am Lafontainschen Weltwährungssystem kein Interesse zu haben. Finanzminister Robert Rubin räumte zwar ein, daß starke Wechselkursschwankungen Unternehmen und ganzen Volkswirtschaften Schwierigkeiten bereiten. Doch warnte er, daß viele der Vorschläge, die dagegen unterbreitet werden, „noch viel größere Probleme“ schaffen könnten.

Dabei gäbe es nach wie vor ausreichende Gründe, die weltweiten Finanzmärkte zu stabilisieren. Gerade erst warnte zum Beispiel die Zeitschrift Wirtschaftswoche vor den Gefahren, die der Weltwirtschaft durch erneute Währungsturbulenzen drohe. Trotz eines gigantischen Hilfspakets könnte Brasilien in die Abwertungsspirale gesogen werden, die erst Asien und dann Rußland erfaßte.