„Stimme der Weltweisheit“ stärkt Toskana-Fraktion

■ Zur Feier des neuen Italienzentrums erhält Umberto Eco an der FU seinen 25. Ehrendoktortitel

Der Dekan war wenigstens ehrlich. „Diese Ehrung ist ein größeres Geschenk für die Ehrenden als für den Geehrten“, gestand der Romanist Jürgen Trabant, als er Umberto Eco die Urkunde eines Ehrendoktors überreichte – eine Zeremonie, die der in Mailand lebende und in Bologna lehrende Semiotiker bereits zum 25. Mal über sich ergehen ließ. Dennoch war Eco höflich genug zu behaupten, die Freie Universität (FU) sei derart bedeutend, daß er sich über die Ehrung mehr freuen könne als die Hochschule. Nach Ehrenpromotionen in London, Paris und Madrid habe ihm Berlin in der Sammlung der europäischen Hauptstädte schließlich noch „gefehlt“.

In erster Linie aber ging es der FU darum, ihr neugegründetes Italienzentrum mit einem Paukenschlag zu eröffnen – hörbar auch noch im Crescendo der Feiern zum fünfzigjährigen Jubiläum, das am 4. Dezember im Fortissimo eines großen Festakts enden wird.

Doch von einer „Eröffnung“ im eigentlichen Sinne konnte keine Rede sein. Schließlich hat das Zentrum seine Arbeit längst aufgenommen, und obendrein besteht diese Arbeit nur darin, eine bessere Zusammenarbeit des bereits vorhandenen italophilen Personals an der FU zu ermöglichen. Einzig die Stelle der Geschäftsführerin wurde neu geschaffen – finanziert freilich nicht aus dem klammen Hochschuletat, sondern vom italienischen Staat.

Doch immerhin werden Gründungsdirektor Klaus Hempfer und seine Mitstreiter auf eine große Toskana-Fraktion an der FU zurückgreifen können – anders als an der Technischen Universität (TU), wo die Eröffnung eines Frankreich-Zentrums mit der Abwicklung des Französisch-Studiengangs einherging. Schließlich gehört bei Romanisten und Kunsthistorikern ein reges Interesse für die Halbinsel ohnehin zum Berufsbild, aber auch manch altlinker Politologe teilt über die politischen Lagergrenzen hinweg die Vorliebe des konservativen Hempfer fürs Belpaese. Ob das Zentrum, wie Italiens Botschafter Enzo Perlot blumig formulierte, „auch Experten der nüchternen und systematischen Disziplinen“ gewinnen kann, bleibt abzuwarten.

Umberto Eco freilich, den Laudator Trabant als „Stimme der Weltweisweit“ pries, interessierte sich für solches Klein-Klein herzlich wenig. Schon weil er die Stadt seit 15 Jahren nicht mehr besucht hatte, bekannte er sich statt zum realen lieber zu einem virtuellen Berlin. Verstehe man die multikulturelle Metropole als „künftiges Vaterland der vielen Sprachen“, als Ort des „realen Esperanto“, dann könne er von sich sagen: „Auch ich bin Berliner.“ Ralph Bollmann