Sich gut fühlen und uncool sein

■ Raus dem Wohnzimmer, die zweite: Die Berliner Band Contriva

Ein hübscher, rätselhafter Titel, den sich die Berliner Band Contriva da ausgedacht hat für ihre zweite Vinylveröffentlichung: „(...) introduce me to someone really cool“. Wer da in der Klammer Contriva mit jemand wirklich Coolem bekannt gemacht hat, bleibt ein Geheimnis. Hat man Contriva mal live erlebt, weiß man allerdings, daß Coolness nicht an erster Stelle auf dem Band-Masterplan steht, so es denn überhaupt einen gibt. Eher gilt für sie die Formel: Es ist cool, uncool zu sein.

Contriva zählen zu den Bands, die in dem Umfeld von Wohnzimmern, abbruchreifen Häusern und illegalen Bars ihre ersten musikalischen Gehversuche gemacht haben, Querverbindungen zu den leider verblichenen Wohnung und zu Mina sind da nicht ganz zufällig. Man kennt sich, schätzt sich und wirft gern die durch diesen herrschaftsfreien Raum fliegenden Ideen gemeinsam in die Waagschale. So mischten Bandmitglieder von Contriva bei Wohnungs „Project 45“ mit, und so sind zwei von ihnen auch feste Größen bei Mina. So ganz weit weg von Mina ist dann der Sound von Contriva auch nicht, vor allem natürlich, weil Contrivas Songs ebenfalls ohne Lyrics auskommen. Beredt sind sie trotzdem, sie sprechen ihre eigene, elegante und leichte Sprache, und wenn dann noch die Form nichts anderes auslöst als Wollust, dann nichts wie ran an Plattenteller und Boxen.

Anders als die Songs von Mina wirken die von Contriva vielleicht etwas fertiger im Sinne von formvollendet. Und etwas fragiler, die möchte man am liebsten nur mit Samthandschuhen anfassen. Was natürlich Quatsch ist, auch nicht der Sinn der Sache. Schon eher mag man in ihren Zusammenhängen von Postrock ohne Post sprechen, von Easy Listening ohne easy, von Instrumentals, durch die der Pop mit großen Schritten durch die Hintertür kommt. Mit großen und lauten Runden allerdings möchte man Contriva- Stücke nicht teilen, das wäre dann wie eine Band wie die High Llamas als Vorgruppe von Pavement spielen lassen.

Natürlich haben auch Contriva eine schönste-Melodie-wo-gibt auf Lager. Die haben sie in dem Stück „Klebrige Instrumente“ versteckt, eine eher gemeine Zuschreibung für das Instrument, das diese Melodie hervorzaubert. Doch Zurückhaltung regiert, und daß es immer nur cool oder uncool oder wie man sich fühlt gibt, bedarf sowieso noch immer eines handfesten Beweises Gerrit Bartels

Ab 22.30 Uhr, Maria, Ostbahnhof