Auto fahren nach Bedarf

■ Ein Gießener Wohnprojekt vermietet neben Wohnungen nun auch Fahrzeuge

Gießen (taz) – Baby, you can drive my car, heißt es nun für die MieterInnen der Gesellschaft für soziales Wohnen (GSW) in Gießen. Zwei Exemplare gibt es zur Auswahl: einen Opel Astra und einen Ford Fiesta. Das ist (noch) der gesamte Fuhrpark von „Mietermobil“, einer neuen Form von Car- Sharing: Die geleasten Autos stehen für alle abrufbar auf dem Parkplatz der ehemaligen Pendelton Barracks der U.S. Army, die von der GSW, der Stadt und dem Verein Miteinander wohnen und leben zu Wohnungen für Familien und StudentInnen umgebaut wurden.

Knapp die Hälfte der rund 200 MieterInnen war laut Rainer Stoodt von der GSW an dem Projekt „stark interessiert“. Rund 20 haben die Verträge bislang unterzeichnet. Anders als bei den üblichen Formen von Car-Sharing haben die NutzerInnen keine Einstiegskosten. Für StammkundInnen, die Verträge über eine Laufzeit von mindestens einem halben Jahr abschließen und monatlich 15 Mark Grundgebühr bezahlen, gelten Abrechnungsbedingungen wie bei konventionellen Mietfahrzeugen – nur ist alles preiswerter: Der Fiesta etwa kostet 1,99 Mark pro halbe Stunde plus 25 Pfennig pro Kilometer. Sprit, Wartung, Reparaturen und Versicherungen übernimmt Mietermobil. Wer sich nicht auf einen langfristigen Vertrag einlassen will, bezahlt den Basispreis – für den Fiesta 2,50 Mark pro halbe Stunde. Dafür entfällt die Grundgebühr.

„Eine prima Sache“, findet Gießens Bürgermeisterin Karin Hagemann (Bündnisgrüne). So könnten auch Familien, die sich kein eigenes Auto leisten könnten, ein- oder zweimal im Monat in den Billigmarkt auf der grünen Wiese fahren. Die Stadt hat das Projekt, an dem die Firma Consult 21 als Projektmanagerin und die Firma Invers (Siegen), die das dazugehörige technische System Cocos entwickelt hat, beteiligt sind, deshalb mit 10.000 Mark unterstützt.

Cocos basiert auf einer Chipkarte mit Code. Nur mit ihr kommen die NutzerInnen an die Autoschlüssel, die in einem Tresor in Parkplatznähe liegen. Und auch der Bordcomputer, der im Fahrzeug die Daten aufzeichnet, funktioniert ohne sie nicht. So hat Cocos zwei Vorteile: Das lästige Schreiben von Fahrtenbüchern entfällt. Und wenn jemand das Schlüsseldepot aufbricht, gibt es eine zweite Sicherung.

Alle Beteiligten gehen davon aus, daß ihr Modell Schule macht. Anfragen liegen laut Consult 21 aus „fast allen Großstädten der Republik“ vor, weil die Vorteile klar ersichtlich seien: „Weniger Parkraum, weniger Stellplatzabgaben, mehr Grünflächen – und weniger Umweltbelastung.“ Klaus-Peter Klingelschmitt