Stoiber festigt seine Macht im Freistaat

■ Der Ministerpräsident bildet das Kabinett um und rüstet die Staatskanzlei zum Machtzentrum

Nürnberg (taz) – Kraftvoll und dynamisch, so sieht sich Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) gerne selbst. Jetzt hat er sein Kabinett kräftig aufgemischt: Mit einer verjüngten Mannschaft will Stoiber nach seinen Worten den Freistaat zur „Nummer 1 in Deutschland“ in der „kraftvollen Opposition“ gegen die rot-grüne Bundesregierung machen. Zum absoluten Zentrum der Macht in Bayern rüstet Stoiber seine Staatskanzlei hoch, indem er weitere Zuständigkeiten dort konzentriert. Den CSU-Vorsitz bekommt er im Januar, wenn Theo Waigel zurücktritt.

Als neuer Chef der Staatskanzlei soll Erwin Huber dem Ministerpräsidenten wieder den Rücken freihalten. Huber hatte sich schon im Amt des CSU-Generalsekretärs als „Mann fürs Grobe“ bewährt, bevor er von 1994 bis 1995 schon einmal die Staatskanzlei leitete und schließlich Finanzminister wurde. Stoiber ruft nicht nur den Niederbayern wieder in seine Nähe zurück. Reinhold Bocklet, der EU-Kenner, bisher Landwirtschaftsminister, zieht als frischgebackener Minister für Europa- und Bundesangelegenheiten ebenfalls in die Staatskanzlei ein. Stoiber, der sich bislang als Europaskeptiker gerierte, trägt damit der steigenden Bedeutung von Europa Rechnung. Bocklet soll verhindern, daß sich die Reduzierung der Landwirtschaftsförderung nachteilig auf Bayern auswirkt.

Mit der Machtkonzentration in der Staatskanzlei wird die CSU- Landesleitung in der Münchner Nymphenburgstraße nebensächlich. Dort hatte neben Theo Waigel der jedem Fettnäpfchen zugeneigte Generalsekretär Bernd Protzner residiert. Beide traten schon am Morgen nach der Bundestagswahl zurück. Zur Überraschung aller soll der bisherige Umweltminister Thomas Goppel neuer CSU-General werden. Der Sohn des früheren Ministerpräsidenten Alfons Goppel hat sich bisher eher als Schöngeist präsentiert und mit geschliffenen Wortfolgen brilliert. Wie er das für den CSU– General erforderliche Wadlbeißen lernt, bleibt abzuwarten.

Mit einem blauen Auge davongekommen ist Kultusminister Hans Zehetmair. Der erzkonservative Altphilologe hatte sich nicht nur bei Eltern und Schülern im Freistaat unbeliebt gemacht, sondern auch bei der eigenen CSU- Fraktion. Immer wieder bremste er überfällige Reformen der veralteten Schulstruktur im Freistaat aus. Elterndemonstrationen und Volksbegehren waren die Antworten der Betroffenen. Stoiber teilt nun das Ministerium flugs in Wissenschaft und Schulbereich auf. „In der Person tut es mir nicht ungut“, kommentierte Zehetmair süßsäuerlich seine Zwangsbeschränkung auf Wissenschaftsministerium. Nebenbei mußte er auch den Posten eines stellvertretenden Ministerpräsidenten an Sozialministerin Barbara Stamm abgeben. Zehetmairs Abstieg bedeutet den Aufstieg von Strauß-Tochter Monika Hohlmeier. Sie, die ihre Kinder auf Privatschulen schickt, wird Schulministerin.

Mit seiner Kabinettsumbildung hat Stoiber auch die Auflagen eines Volksbegehrens vom Februar erfüllt. Damals stimmte die Mehrheit der bayerischen Wähler dafür, das Kabinett um drei Posten auf 18 zu verkleinern. Stoiber erhöhte die Anzahl der Minister um eines auf elf, reduzierte jedoch die Riege der Staatssekretäre um vier. Bernd Siegler