Rum auf Gräber

■ Compay Segundo spielt im Tempodrom

„Lo Mejor De La Vida“ – Das Beste im Leben – heißt die aktuelle CD von Compay Segundo. Heute abend ist es das erste Mal, daß der große alte Meister des kubanischen Son in Deutschland auftritt. Der 91jährige wird mit seiner Band Compay Segundo Y Sus Muchachos kommen, die er in wechselnder Besetzung seit über vierzig Jahren leitet. Als Gitarrist, Klarinettist, Percussionist, Sänger und Komponist hat er die kubanische Musik der letzten siebzig Jahre entscheidend geprägt. Den meisten ist Compay Segundo wahrscheinlich durch die mit einem Grammy ausgezeichnete Ry-Cooder-Produktion „Buena Vista Social Club“ bekannt, bei der er seine Komposition „Chan Chan“ begleitet, die auch zur Zeit als musikalische Untermalung der Kinoschockwerbung „Ärzte ohne Grenzen“ läuft. Eine wunderschöne Melodie, weich und sehnsuchtsvoll wie die Sons der kubanischen Musik.

Die Texte von Compays Liedern beschreiben seine Vergangenheit als guarijo (Bauern) aus der Zeit, als er 1907 als Francisco Repilado in der ostkubanischen Provinz Santiago geboren wurde und schon als Kind auf den Tabakfeldern arbeitete. Dort und nachts in den Bars hörte er die alten Lieder und Erzählungen. Das war in den frühen zwanziger Jahren, als sich aus dem Rhythmus des Corillo der kubanische Son entwickelte. Seit dieser Zeit spielt Compay Segundo die „Armonico“, eine von ihm selbst gebaute kleine Gitarre mit sieben Metallsaiten, von denen die D-Saite verdoppelt ist, um die klanglichen Eigenschaften der spanischen Gitarre mit der kubanischen Tres zu verbinden. Nachdem Compay Segundo zwanzig Jahre in der Band des Sängers Nico Saquito gespielt hatte, bekam er seinen Spitznamen in den vierziger Jahren, als er in dem Duo Los Compadres die zweite Stimme sang. 1995, als in Sevilla der große kubanische Sänger Antonio Machin starb, spielte Compay Segundo bei seiner Beerdigung und schüttete danach Rum auf das Grab. Männerfreundschaft, Musik und die Liebe, das ist der Son, der kubanische Blues. Maxi Sickert

Heute um 20 Uhr im Tempodrom, Tiergarten