Frau, Wand, Männer, Fragen

■ ... und am Ende ein Hubschrauber voll Glück. "Herzblatt", die Fabrik der auswendig gelernten Lebensbeichten, hat einen neuen Moderator. Aber das ist eigentlich ganz egal (ARD, 19.25 Uhr)

Susi, bitte die Zusammenfassung! „Also, liebe Zuschauerin und lieber Zuschauer, das soll dein neues Herzblatt sein: Christian Clerici, der 34jährige Ex-Premiere- und -ORF-Moderator hat total süße braune Augen und sieht auch sonst sehr charmant aus. Der begeisterte Eis- und Höhlentaucher mit Wurzeln in Rom und Wien hat nach dem Abitur zunächst intensiv alle Arten von Baggertechniken studiert, denn sein Berufsziel war Ingenieur auf einer Bohrinsel. Als Regisseur und Gestalter hat er TV- Features zumeist über Lifestyle und Action-Sport realisiert. Ab heute ist er exclusiv der vierte ,Presenter‘ von ,Herzblatt‘ und spricht erstmals die magischen Worte: ,Auf gehts in die erste Runde. Jetzt mußt du dich entscheiden, ob du den sehen willst.‘“

Aber klar willst Du den sehen! Denn eigentlich ist es Dir doch vollkommen egal, wer das „Herzblatt“ moderiert: Rudi Carell warst Du sechs Jahre lang treu, Rainhard Fendrich immerhin vier, und mit Hera Lind hast Du es sogar ein ganzes Jahr lang ausgehalten. Hauptsache, es ändert sich sonst kein Fatz an dem bewährten Konzept.

Immer noch ein Mann, eine Wand, drei Frauen, dann eine Frau, eine Wand, drei Männer, zwei mal drei Fragen, zwei mal neun Antworten und am Ende zwei Paare, die mit dem „Herzblatt“-Hubschrauber romantische Landeplätze unter intensiver Aufsicht eines sendergesandten Begleiters und eines Fotografen anfliegen dürfen.

Die moderatorischen Fähigkeiten des „Presenters“ bei Herzblatt spielen schon deshalb keine Rolle, weil sie in der „Flirt & Fun Show“ überhaupt nicht vorkommen. Denn nicht nur für die Antworten auf Fragen wie „Kandidat eins, mit welchem Tier / welchem griechischen Helden / welcher Biersorte würdest du dich selbst / Kandidat drei vergleichen?“ haben die Singles eine Stunde assistierte Vorbereitungszeit.

Auch jeglicher Begrüßungsdialog ist offenbar Wort für Wort einstudiert. Clerici, wie seine Vorgänger, muß die auswendig gelernten, papierenen Lebensbeichten in der Flirtfabrik nur noch abfragen:

„Wenn du dich bitte vorstellst.“ „Ja, hallo, ich bin die Simone aus Lindau im Harz, nicht zu verwechseln mit Lindau am Bodensee, und ich mache zur Zeit eine Ausbildung zur Sparkassenkauffrau.“ „Macht das Spaß? „Ja, das macht Spaß, doch ich muß sagen, den richtigen Kick im Leben gibt mir eigentlich der Sport.“

Clerici nickt, denn Simone hat ihr Sprüchlein fehlerfrei heruntergesagt. Mehr verlangt ja auch niemand von ihr. Und von Clerici auch nicht. Stefan Kuzmany