Wunder gibt es immer wieder, aber nicht immer

■ Geschichte? Wiederholt sich nicht! Bayern München rettet sich im Elfmeterschießen gegen die SpVgg Greuther Fürth in die nächste Pokalrunde, weil halt „irgendwo einer ausscheiden“ muß

Nürnberg (taz) – Fußball ist ein Spiel, das kann solange dauern, wie es will, am Ende gewinnen doch immer die Bayern. So oder ähnlich werden die Spieler des Zweitligisten Greuther Fürth gedacht haben, als Libero Petr Skarabela im Nürnberger Frankenstadion mit dem letzten Strafstoß im Elfmeterschießen an Bayern-Keeper Oliver Kahn scheiterte. Gering war für die Fürther der Trost, daß sie damit derzeit die einzige Mannschaft im deutschen Profi-Fußball sind, die nach 90 Minuten gegen die Millionentruppe von der Isar nicht im Rückstand lag. Kaum Genugtuung auch die Komplimente, die Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld verteilte: „Fürth war hervorragend organisiert, und unsere Chancen waren Mangelware.“

Parallelen zum 14. August vor vier Jahren drängten sich auf. Damals traten die Bayern im Frankenstadion gegen den TSV Vestenbergsgreuth an. Die Münchner blamierten sich gegen den Regionalligisten bis auf die Knochen und verloren gegen den Dorfverein 0:1. „Wir haben nicht das richtige Mittel gegen die engen Räume gefunden und auch kaum echte Chancen herausgespielt“, stammelte Giovanni Trapattoni damals in die Mikrofone.

Für den TSV Vestenbergsgreuth war dieser Sieg zugleich Höhe- und Endpunkt der Vereinsgeschichte. Man fusionierte mit dem abgehalfterten Traditionsverein SpVgg Fürth zu einem Kunstgebilde mit dem merkwürdigen Namen SpVgg Greuther Fürth. Was dann geschah, glich einem kleinen Fußballwunder. Greuther Fürth stieg sogleich in die 2. Liga auf und hielt sich dort. Obwohl man derzeit auf dem fünften Platz rangiert, denkt jedoch niemand in Fürth an die Bundesliga. Dann schon eher an den Pokal. Im Etat sind dafür zwar lediglich Einnahmen von 100.000 Mark veranschlagt, doch für die SpVgg birgt der Wettbewerb einen besonderen Reiz. Borussia Dortmund, FC Bayern München, 1. FC Kaiserslautern und zuletzt der Lokalrivale 1. FC Nürnberg heißen seit 1990 die Opfer von Fürth und Vestenbergsgreuth. „Eine schöne Nebensache“, stapelt Präsident Helmut Hack tief.

Bei Bayern München gibt man offen zu, daß der Pokal weit hinter der Champions-Laague und der Meisterschaft rangiert, versichert aber, daß er „dennoch ernst genommen“ werde. Otmar Hitzfeld ließ denn auch Lothar Matthäus – wohlwissend daß dieser in den letzten Spielen stets getunnelt wurde – auf der Bank schmoren. Struntz sollte den „Hühnerhaufen“ (Kahn über die Bayern-Abwehr) organisieren, Elber, Jancker und Salihamidzic die Tore schießen.

Fürths Trainer Benno Möhlmann wollte sich ebenfalls nicht verstecken und bot mit Möckel, Klee und dem Bremer Neuzugang Arie van Lent drei Spitzen auf. Hinten sollten Radoki, Skarabela und Sbordone dichthalten – und Max Eberl. Der 25jährige, der durchgehend von der F-Jugend bis zur Profimannschaft bei Bayern München gespielt hat, bevor er nach Fürth kam, avancierte zur herausragenden Figur. Wo keiner mehr war, war Eberl. Wenn nichts mehr half, half Eberl. Er spielte kampfstark in der Defensive und dynamisch nach vorne, holte Elber den Ball vom Fuß, war schneller als Jancker und von Salihamidzic nur mit Fouls zu bremsen.

Flexibilität in der Abwehr, bei Ballbesitz blitschnelles Überbrücken des Mittelfelds und volle Konzentration, um Leichtsinnsfehler zu vermeiden, reichte den Fürthern, um gegen dem Rekordmeister die größere Zahl an hochkarätigen Chancen herauszuarbeiten.

Es kam, wie es kommen mußte. Die bessere Mannschaft verschoß den letzten Elfmeter. Warum der Sieger Bayern München hieß, blieb allen Beteiligten ein Rätsel. „Irgendwo muß halt einer ausscheiden“, meinte Hitzfeld, und Möhlmann fiel auch nur ein, daß Bayern das Elfmeterschießen „irgendwie und irgendwo konsequenter durchgezogen“ hätte. Bernd Siegler

FC Bayern München: Kahn – Strunz – Babbel, Linke (106. Tarnat) – Jeremies (68. Matthäus), Fink, Effenberg, Lizarazu – Salihamidzic, Jancker (68. Daei), Elber

Elfmeterschießen: 0:1 Strunz, 1:1 van Lent, 1:2 Salihamidzic, 2:2 Probst, 2:3 Tarnat, Felgenhauer verschossen, Fink gehalten, 3:3 Eberl, 3:4 Effenberg, Skarabela gehalten

SpVgg Greuther Fürth: Reichold – Eberl, Sbordone, Skarabela, Radoki (106. Probst) – Hassa (91. Felgenhauer), Reichel, Azzouzi – Klee (98. Kerbr), van Lent, Möckel