Härtefallkommission für Abschiebungen verboten

■ Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern erklärt ausländerrechtliches Beratungsgremium in Schwerin für aufgelöst. Oberbürgermeister will die Weisung ignorieren

Schwerin (taz) – Sie war die erste ostdeutsche „Härtefallkommission zur Überprüfung von Abschiebungen“ und sollte „beitragen helfen“, die „latente Ausländerfeindlichkeit in dieser Stadt“ zu bekämpfen.

Das jedenfalls hatte sich Schwerins Oberbürgermeister Jürgen Kwaschik (SPD) von „unserem neuen ausländerrechtlichen Beratungsgremium“ erhofft. Doch kaum hat sich die Härtefallkommission in der mecklenburgischen Landeshauptstadt im April gegründet, da ist sie schon wieder verboten: Mit Schreiben vom 19. August, das erst jetzt öffentlich bekannt wurde, untersagt das Innenministerium der Kommission, ihre Arbeit „in der angekündigten Form“ aufzunehmen.

Innenminister Armin Jäger (CDU) begründet seine Anweisung an den Schweriner SPD- Oberbürgermeister mit „rechtlichen Unzulässigkeiten“ in der Geschäftsordnung. Die Kommission habe sich Kompetenzen angemaßt, die mit der Kommunalverfassung unvereinbar seien. „Ob ein abgelehnter Asylbewerber abgeschoben wird, ist ausschließlich eine Frage von Recht und Gesetz und wird auch künftig nicht eine Frage von Mehrheitsentscheidungen einer Stadtvertretung sein“, rügte der Innenminister. In inhaltlichen ausländerrechtlichen Fragen werde Oberbürgermeister Kwaschik ausschließlich vom Innenministerium „beaufsichtigt“.

Als Tätigkeitsfeld bleibe der Kommission folglich nur „die Behandlung von Fällen, in denen der Oberbürgermeister von sich aus die Beratung suche“. Ob dieser „bürokratische Aufwand“ und die „unvermeidlich enttäuschten Erwartungen seitens der ausländischen Betroffenen“ allerdings die Existenz der Kommission rechtfertigten, sei fraglich. Kwaschik solle dafür sorgen, „das Tätigkeitsfeld der Kommission den rechtlichen Vorgaben anzupassen“. Andernfalls drohten „rechtsaufsichtliche Maßnahmen“.

Der Schweriner Oberbürgermeister reagierte mit Befremden: Die Kommission habe auch bislang „nur beratende Funktion“, so Kwaschik zur taz . Abgeordnete, Pfarrer, Vertreter von Flüchtlingsorganisationen und „anderen gesellschaftlichen Kräfte“ säßen in dem Gremium, „das der Ausländerbehörde in Einzelfällen Empfehlungen gibt“. Die Behörde jedoch sei „an keinen der Beschlüsse gebunden“. Er selbst „sitze auch gar nicht in der Kommission“, die er aber für dringend notwendig halte: „Wo Abschiebehaft droht“, sei es oftmals besser, unabhängigen Sachverstand heranzuziehen, bevor eine vorschnelle Entscheidung getroffen werde.

Die Grünen in Mecklenburg- Vorpommern protestierten umgehend gegen den Vorstoß des Innenministeriums, über die Belange von Ausländern offensichtlich lieber unter Ausschluß eines Kontrollgremiums zu entscheiden. Statt dessen solle es eine landesweit tätige Kommission sein, wie es sie beispielsweise bereits in Schleswig-Holstein gibt. Oberbürgermeister Kwaschik derweil kann sich „vorstellen“, daß der CDU-Innenminister mit seiner Anweisung im Wahlkampf um die Landtagswahl am 27. September Stimmen zu ergattern hofft: Lediglich 1,26 Prozent der Schweriner Stadtbevölkerung (105.000 Einwohner) sind Ausländer. „Trotzdem haben viele Menschen hier pauschale Vorurteile, die Ausländer würden den Deutschen die Arbeit wegnehmen.“ Diesen Menschen sei eine solche Beratungskommission speziell für Ausländer ein Dorn im Auge. Ob die Stadt die Weisung beherzigen werde, werde jetzt beraten. „Ich glaube es aber nicht“, trotzt Kwaschik. Heike Haarhoff