Boeing schmiert ab

Bisher ist British Airways immer mit Boeing-Maschinen geflogen. Doch den größten Auftrag bekam jetzt Airbus  ■ Von Georg Löwisch

Berlin (taz) –Ausgerechnet beim größten Einzelauftrag in der Geschichte von British Airways hat das europäische Airbus-Konsortium den US-Hersteller Boeing ausgestochen. Die britische Fluggesellschaft bestellte 59 Airbus- Maschinen. Zugleich erwarb sie Optionen oder Vorkaufsrechte für weitere 129 Modelle. Die Flugzeuge der Typen A319, A320 und A321 sind für innerbritische und europäische Linien bestimmt und sollen die Boeing-737-Maschinen ersetzen.

Bislang hatte British Airways als „beinharter Boeing-Kunde“ gegolten, wie es gestern im Kreise der Airbus-Gesellschafter vergnügt hieß. Doch diesmal blieb für Boeing, den Flugzeuggiganten von der US-amerikanischen Westküste, nur ein Trostpflaster: Lediglich für den Langstreckenmarkt wurden 16 Boeing 777 geordert und ebenso viele Optionen erworben.

British-Airways-Chef Bob Ayling begründete die Entscheidung damit, daß Airbus die „besseren Konditionen“ geboten habe: „Nie zuvor ist eine Flugzeugbestellung nach so intensiven Beratungen und Vergleichen gefällt worden.“

Das ist typisch für den harten Preiskampf in der Branche: Sowohl bei Boeing als auch bei Airbus quellen die Auftragsbücher über. Doch weil sich beide gegenseitig unterbieten, sinken die Gewinnmargen. Und die Fluggesellschaften dürfen sich über niedrige Preise freuen. So rechnet British Airways nur mit Kosten von umgerechnet rund 4,13 Milliarden Mark für die 75 insgesamt bei Airbus und Boeing fest bestellten Flugzeuge – laut Katalog, also ohne Preisnachlässe, kosten sie mehr als das Doppelte.

Zum Airbus-Konsortium gehören die Daimler-Benz-Tochter Dasa, die französische Aerospatiale, British Aerospace und die spanische Casa. Bisher ist die Firma Airbus nur eine Vermarktungsgesellschaft, die Montagehallen gehören noch den einzelnen Unternehmen. Dadurch sind die Entscheidungswege langwieriger als etwa bei Boeing, weshalb die Partner eine richtige gemeinsame Firma gründen wollen. Die Aufträge dazu hat Airbus schon. Zuletzt bestellte im Juli US Airways, die weltweit viertgrößte Fluggesellschaft, 109 Maschinen vom Typ A319.

Die Bestellungen lösen allerdings bei der Dasa noch lange keinen Beschäftigungsboom aus. Trotz der „Riesenaufträge“ wolle die Flugzeugschmiede mit dem vorhandenen Personal auskommen, sagte Dasa-Sprecher Gregor von Kursell gestern der taz. Allenfalls punktuell würden Mitarbeiter reingenommen. Ende vergangenen Jahres haben nach Kursells Angaben deutschlandweit 14.000 Menschen für die Dasa gearbeitet. Ein Jahr zuvor waren es noch 800 mehr, doch nach einer Firmenkrise strich die Dasa Stellen.

Der Airbus wird vor allem in Hamburg und Toulouse gefertigt. Mit Rostock und wiederum Hamburg bewerben sich zwei deutsche Standorte für die Fertigung des geplanten Langstreckenflugzeugs A3XX. Dieses soll das Monopol von Boeing in der Kategorie über 650 Passagiere brechen. Boeing bekam gestern einen Vorgeschmack für die Zeit, wenn auch in diesem Segment der Wettbewerb härter wird: British Airways kündigte an, so lange bei Boeing zu bestellen, bis ein neues Großflugzeug „zu wirtschaftlich interessanten Kondidtionen“ kommt.