„Wie die Teams, die zu Hitler nach Berlin kamen“

■ Menschenrechtler Tilman Zülch über den heutigen Besuch des FC Bayern bei „Schlächter Arkan“

taz: Herr Zülch, das Champions-League-Rückspiel des FC Bayern in Belgrad findet heute statt, als sei nichts gewesen. Hat Ihre Kampagne gegen den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Arkan überhaupt etwas gebracht?

Tilman Zülch: Zumindest einer der Sponsoren, die Computerfirma Hewlett Packard, hat sich distanziert und wird diese beiden Spiele nicht unterstützen. Hewlett Packard hat sogar der Gesellschaft für bedrohte Völker 1.000 Mark zur Unterstützung der Menschenrechtsarbeit überwiesen.

Und sonst?

Überhaupt keine Reaktionen. Bayern München zieht die Spiele durch und macht seinen Profit. Aber die deutsche, die Schweizer und die italienische Öffentlichkeit haben durch unsere Kampagne mitbekommen, daß Arkan am Völkermord in Bosnien und jetzt auch an Verbrechen im Kosovo beteiligt ist. Dagegen ist bei der Berichterstattung untergegangen, daß Arkan seine paramilitärische Einheit 1991 aus der Fangemeinde des berühmten Belgrader Fußballklubs Roter Stern rekrutierte, wo er bis zu einem großen Streit selbst stark engagiert war.

Wie sicher ist die Information, daß Arkans Truppen jetzt auch im Kosovo agieren?

Diese Informationen haben wir unter anderem von der unabhängigen serbischen Menschenrechtsorganisation Helsinki-Komitee. Nach deren Angaben wurden seit März Fahrzeuge und Truppen von Arkan im Kosovo gesichtet. Auch bei der Erstürmung von Orahovac sollen sie dabeigewesen sein.

Mit diesen Informationen haben Sie die Bayern-Vorsitzenden Beckenbauer und Rummenigge beliefert. Die haben sich erst nicht verhalten, dann das Problem gelöst, in dem sie „schwer beschäftigt“ nicht selbst nach Belgrad gereist sind.

Wer mit Arkans Verein spielt, tut im Prinzip dasselbe wie die Teams aus aller Welt, die zu Hitlers Olympiade 1936 nach Berlin gekommen sind.

Ein gewagter Vergleich.

Wieso ist das gewagt? 1936 gab es noch keinen Holocaust, aber furchtbare Verbrechen an Oppositionellen, und die Verbrechen in Bosnien sind durchaus vergleichbar und quantitativ viel größer als das, was sich bis 1936 in Hitlerdeutschland ereignet hatte.

Werden Sie wieder vor Ort mit einer Mahnwache protestieren?

Nein, jetzt können wir uns nur noch auf Presseerklärungen beschränken. Ich persönlich bekomme sowieso keine Einreisemöglichkeit nach Serbien. Als ich ein Visum haben wollte, hat mir die jugoslawische Botschaft gesagt: Sie sind der schlimmste Feind Serbiens in Deutschland.

Und Ihre Mitarbeiter?

Durch unsere Bosnien-Arbeit sind wir zu bekannt. Für unsere Mitarbeiter ist eine Aktion in Belgrad lebensgefährlich, genauso wie für unsere bosnischen und albanischen Freunde. Dort sind Arkans Killer vor Ort. Interview: Markus Götte