Geldautomaten als willige Spender

■ Schreck im Spanienurlaub: Bereitwillig spuckten EC-Automaten einem Bremer trotz falscher Geheimnummer Peseten aus / Zweifel an Sicherheit des Scheckkarten-Systems häufen sich

Alles begann mit einem Zufall. Aber nach seinem Spanienurlaub zweifelt der Bremer Erzieher Klaus-Peter B. an der Sicherheit seiner Euroscheck-Karte. Aus Versehen hatte er die EC-Karte seiner Frau in den Geldautomat der Deutsche-Bank-Filiale des Ortes Altea bei Alicante geschoben, aber seine eigene Geheimnummer eingetippt. Und siehe da: Der Apparat spuckte die Peseten aus.

Als das Geld verbraucht war, machte der Urlauber bewußt den Test und tippte eine erfundene Geheimnummer ein: Wieder gab es Geld. Auf Schwiegermutters Karte der Sparkasse Trier verweigerte der Apparat bei falscher Geheimnummer jedoch den Zugriff. Das Manöver wiederholte der Bremer nochmals bei der örtlichen spanischen Sparkasse und bei der Deutschen Bank. Immer gab es Geld, einmal sogar, als eine Bankangstellte irgendeine Nummer eingab. „Nicht auszudenken, wenn ich meine Karte verloren hätte. Da hätte jeder mein Konto räubern können“, sinniert der Pädagoge.

Bei der Sparkasse Bremen reagiert man alarmiert auf die Erlebnisse des Kunden. Man habe großes Interesse, die Sache nachzuvollziehen, versichert Horst Brüning, Abteilungsleiter für Privatkundenservice. Besonders, weil die Automaten bei einer Karte einer anderen Sparkasse kein Geld ausspuckte. Aber eigentlich, so beteuern auch die Banker beim Deutschen Sparkassen- und Giro-Verband, sei das System der PIN-Codes auf den Scheckkarten sicher.

In jüngerer Zeit häufen sich jedoch die Klagen. „Die Geheimzahl ist lange nicht so sicher, wie Banken und Sparkassen immer behaupten“, schreibt die Zeitschrift Finanztest“ . Das sehen inzwischen auch viele Gerichte so: Sie gaben Bankkunden Recht, die Geld zurückforderten, das nach Verlust oder Diebstahl von ihren Girokonten gezogen worden war. Vorher hatten die Banken stets Fahrlässigkeit unterstellt, nach dem Motto, wer seine Geheimnummer auf einem Zettel neben der EC-Karte aufbewahrt, ist selber schuld.

Aber offenbar gibt es Mängel am System. Manche Experten glauben sogar, daß es inzwischen Superrechner gibt, die die vierstelligen Geheimcodes knacken können. Und selbst wer die fremde Geheimnummer nur rät, habe eine Treffer-Chance von 1:150, weil einige Zahlen in den PIN-Kombinationen häufiger vorkommen als andere.

Auch die Sparkasse Bremen hat die Zweifel der Richter an der Sicherheit erfahren. Das Amtsgericht Bremen gab im Ende 1997 einem Kläger Recht, der 4.500 Mark zurückforderte. Ihm waren zwei Sparkassen-Kundenkarten gestohlen worden. Die Diebe hatten sich an seinen Konten bedient. Die Richter schrieben von „einer Vielzahl von Manipulations- bzw. Fehlermöglichkeiten“. PIN-Codes könnten ausgespäht werden, Rechner ausfallen.

Technische Pannen vermutet Sparkassen-Mann Brüning auch bei dem Fall in Spanien. Es sei möglich, daß die Automaten offline waren, also die Geheimnummer nicht mit der Heimatbank abgleichen konnten. Auch wenn die Automaten online am Netz hängen, bleibe die Rückfrage nach Deutschland gelegentlich in einer blockierten Datenleitung hängen. Weil der Kunde nicht warten soll, werden per „Ersatzautorisierung“ dennoch Scheine ausgegeben.

Trotz aller Beteuerungen haben die Banken Mängel erkannt: Ab kommendem Jahr wird ein neues Sicherheitssystem für EC-Karten eingeführt. Joachim Fahrun