Forscher wegen Genkartoffel-Studie suspendiert

■ Institut gesteht Fehler beim Tierversuch ein. Ratten fraßen gar keine manipulierten Kartoffeln. Gen-Food-Lobby frohlockt. Gegner fürchten Behinderung kritischer Forschung

Dublin (taz) – Die Kartoffel war eine Ente. Und eine ganze Reihe Genkritiker müssen weiter auf den ersten anerkannten Beweis warten, daß die Folgen von Eingriffen in den genetischen Code nicht beherrschbar sind. Am Montag hatte ein Wissenschaftler des Rowett- Forschungsinstituts im schottischen Aberdeen das Ergebnis eines Rattenversuchs mit genmanipulierten Kartoffeln bekanntgegeben: Tiere, die von den Kartoffeln gefressen hatten, wuchsen langsamer und wurden schneller krank. Arpad Pusztai, der das Experiment geleitet hatte, sagte, er selbst würde die Turboknollen nicht essen, wenn er die Wahl hätte. Labour-Politiker hatten daraufhin ein Moratorium von fünf bis zehn Jahren für genveränderte Nahrungsmittel gefordert.

Wie jetzt bekannt wurde, wurde der 65jährige Biologe nur einen Tag später beurlaubt. Rowett-Direktor Philip James legte Pusztai sogar nahe, die Pensionierung zu beantragen. Es hatte sich herausgestellt, daß die Versuchskartoffeln keineswegs das insektenabwehrende Eiweiß-Lektin von Schneeglöckchen und einer südamerikanischen Bohne erhalten hatten. Statt dessen waren sie mit dem Insektizid direkt gespickt worden.

„Der Fall ist äußerst tragisch“, sagte James, „denn der Mann ist ein weltberühmter Biologe und hat internationale Preise gewonnen. Aber ich hatte keine Wahl. Pusztai hat mir zugestimmt. Er hat sich entschuldigt, denn er weiß, daß er unser Institut ganz furchtbar blamiert hat.“

Für die Gen-Food-Lobby ist Pusztais Irrtum hingegen ein gefundenes Fressen. „Schlampige Untersuchungen und übertriebene Presseberichte sind kein Ersatz für gesicherte Informationen“, sagte Karen Barber von „Foodfuture“. Colin Merritt, der Manager der biotechnischen Abteilung bei Monsanto ist, die gentechnisch veränderte Sojabohnen herstellt, freute sich regelrecht: „Das war ein entsetzlicher Fehler, diese Enthüllung ist Dynamit.“

Sue Mayer von der Organisation „Genewatch“, die gegen genmanipulierte Lebensmittel eintritt, ist jedoch mißtrauisch. Und das nicht nur, weil das mißlungene Experiment eben auch nicht beweist, daß Genmanipulationen ungefährlich sind. „Der Vorfall ist die Fortsetzung einer langen Kette von Fällen“, sagte sie, „in denen Forscher daran gehindert werden, uns zu erklären, was wirklich vor sich geht.“ Ralf Sotscheck