008 meldet sich in Bogotá zurück

Kolumbiens Guerilla nimmt einen Vorschlag des deutschen Geheimdienstkoordinators Bernd Schmidbauer zum Austausch von Geiseln gegen Guerilla-Häftlinge an  ■ Von Gerhard Dilger

Berlin (taz) – Der deutsche Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer erregt wieder Aufsehen in Kolumbien. Vor allem mit dem Vorschlag, Regierung und Guerilla sollten einen Tausch anstreben: Einerseits eine Amnestie für „alle politischen Gefangenen“ – worunter in Kolumbien vor allem Guerilleros verstanden werden –, andererseits die Freilassung aller Entführten durch der Rebellen. ELN-Chef Nicolás Rodriguez erklärte am Donnerstag seine Unterstützung für diesen Vorstoß des Staatsministers.

Irritiert zeigte sich hingegen Francisco Santos, Redaktionsleiter der Zeitung El Tiempo und selbst prominentes Entführungsopfer der Drogenmafia: „Ich glaube, es ist ein Fehler, die Öffentlichkeit mit den unterschiedlichsten Vorschlägen zu verwirren. Diese Initiative kann den Prozeß, der jetzt in Gang gekommen ist, behindern.“ Santos hatte letzte Woche am kolumbianischen Friedensforum im fränkischen Kloster Himmelspforten teilgenommen. Auf jeden Fall, forderte er, müsse ein solcher Deal die Verpflichtung der Guerilla einschließen, auf Entführungen zukünftig zu verzichten.

Daß damit noch nicht in Kürze gerechnet werden könne, stellte ELN-Chefunterhändler Pablo Beltrán gegenüber der taz klar: Entführungen seien zwar Menschenrechtsverletzungen, aber zur Eintreibung von „Kriegssteuern“ immer noch ein „kleineres Übel“ im Vergleich zur Beteiligung am Drogenhandel.

Auch die umstrittenen Anschläge auf die Pipelines können bis zur Einberufung des in Himmelpforten vorgeschlagenen „Erdölforums“ weitergehen: „Es tut mir in der Seele weh, doch mir ist es lieber, das Öl wird auf unserem Territorium vergossen, als daß es die ausländischen Firmen holen. Solange die Ölmultis am schmutzigen Krieg beteiligt sind, werden wir unsere Aktionen gegen die Pipelines fortsetzen“, kündigte Nicolás Rodriguez an.

Gleich zweimal hatte sich Schmidbauer in den wichtigsten Printmedien Kolumbiens zu Wort gemeldet. Dabei stellte er sich ausdrücklich hinter das Agentenpaar Werner und Ida Mauss, „die der Bundesregierung mehrmals bei der Lösung von Problemen geholfen haben, etwa bei Geiselbefreiungen“. Bei der Gelegenheit betrieb er ein wenig Geschichtsklitterung: Er verstehe nicht, sagte Schmidbauer, warum Kolumbien die Festnahme des Agentenpärchens im November 1996 zugelassen habe, „dort war man doch über alles informiert“.

Das stimmt nur halb: Zwar kannte die kolumbianische Regierung Mauss als Beteiligten an diversen Sondierungen für Friedensgespräche, doch über die Verhandlungen zur Freilassung einer deutschen Geisel, die er parallel führte, wußte sie nicht Bescheid – „aus Sicherheitsgründen“, wie Mauss heute meint.

Diese Geheimdiplomatie mußten der Schmidbauer-Freund und seine Frau mit gut acht Monaten Untersuchungshaft bezahlen; und die Friedensgespräche unter Beteiligung der ELN verzögerten sich um anderthalb Jahre.