„Der Club ist ein Depp“

Der Aufsteiger 1. FC Nürnberg steht nach Magaths Kündigung kurz vor dem Bundesligastart ohne Trainer da  ■ Aus Nürnberg Bernd Siegler

Der „Magier“ hat ausgezaubert, und beim 1. FC Nürnberg beginnt wieder das sattsam bekannte Männleinlaufen. Kaum war der Vertrag von Trainer Felix Magath aufgelöst, wurde der „Club“ von Angeboten „überschwemmt“, wie Präsident Michael A. Roth berichtet. „es sind viele Namen dabei, die wir gar nicht kennen.“

Gekannt hätte er Aleksandar Ristic, doch der gab dem 1. FCN aus „familiären Gründen“ einen Korb. Weiter gut im Rennen liegen die Arbeitslosen Peter Neururer (zuletzt 1. FC Köln), und Willi Reimann (zuletzt Wolfsburg) sowie die Diensttuenden Wolfgang Frank (Mainz 05), Klaus Augenthaler (Grazer AK) und Ingo Peter (SF Siegen). „Ich wäre froh, wenn es bis Freitag klappt“, signalisiert Roth, daß sich die Begeisterung für den Schleudersitz in Nürnberg durchaus in Grenzen hält.

Immerhin wird seit Einführung der Bundesliga in Nürnberg der 37. Trainer gesucht. Pro Jahr verschleißt der Club also einen Coach, und unter der Präsidentschaft des Teppichmagnaten Roth hielten sich die Trainer im Schnitt gar nur ganze acht Monate. Mit Felix Magath sollte alles anders werden. Frisch den Niederungen der Regionalliga entronnen, hatte der Club bereits am fünften Spieltag der Zweiten Liga abgeschlagen die rote Laterne inne. Willi Entenmann mußte weichen, Magath kam. „Das ist der Trainer, mit dem ich ins nächste Jahrtausend gehen will“, setzte Roth auf eine langfristige Zusammenarbeit.

Und Magath vollbrachte das Wunder. Am Ende reichte ein dritter Platz zum Durchmarsch in die Bundesliga. Parallel zum sportlichen Aufstieg vollzog sich die wirtschaftliche Gesundung. Erhöhte Fernsehgelder, ein gut dotierter Vermarktungsvertrag mit der Ufa sowie der neue Sponsor Viag Interkom ließen den einstigen Schuldenberg von 25 Millionen Mark dahinschmelzen. Euphorie regierte bei Fans und Verantwortlichen und übertünchte die Risse, die längst zwischen Magath und Roth entstanden waren. Schon Mitte Mai hatte Magath um die Auflösung seines bis 1999 datierten Vertrags gebeten. Sein Erfolg war auch in Dortmund, Hamburg und Stuttgart aufgefallen, Magath war heiß begehrt. Roth handelte spontan und sicherte dem passionierten Schachspieler mündlich einen Zweijahresvertrag zu. Zufrieden entschwand Magath zur Fußball-WM nach Frankreich.

Von dort aus mahnte er in sturer Regelmäßigkeit Verstärkungen für die Mannschaft an. Doch die wollten sich nicht so recht einstellen. Man jagte Andreas Zeyer, Marcus Schroth, Marco Haber und dem marokkanischen Nationalstürmer Abdeljahil Hadda hinterher – vergeblich. Manager Georg Volkert agierte glücklos, wenn nicht gar unfähig. Magath zweifelte stark an der Bundesligatauglichkeit der neuen Mannschaft und pokerte weiter um seinen Vertrag.

Laut Roth ließ er sich nicht nur eine Prämie für die Meisterschaft zusichern, sondern wollte eine Abfindung in Höhe von 2,5 Millionen Mark festgeschrieben haben, fällig auch bei eigener Kündigung. „Er hat uns die Pistole auf die Brust gesetzt“, ruft Roth nun seinem einstigen „Glücksgriff“ (O-Ton Roth) hinterher. Magath dementiert und zeiht Roth des „Vertragsbruchs“. Den ihm zuletzt angebotene Einjahresvertrag verstand er als „Ausdruck des Mißtrauens“.

Während der Club kurz vor Saisonstart wieder einmal die Lachnummer der Liga ist, hat Magath Zeit und Muße, im Karwendelgebirge neue Höhen zu erklimmen. Roth muß dagegen den Unmut der Fans („Der Club ist halt ein Depp“) aushalten. Die Spieler nehmen das Chaos mit stoischer Ruhe. Frank Baumann: „Vor Magath waren Trainer da, nach ihm werden welche kommen.“