Wenn Petrus zu Peter wird, wird Asyl verweigert

■ Vertrauen ist gut, Kontrolle ist schwachsinnig: Wie das Asylbundesamt mit Hilfe von zwölf Aposteln und fehlenden Hegel-Kenntnissen einen Priester aus dem Kongo demaskieren wollte

Berlin (taz) – Weil er Hegels „Phänomenologie des Geistes“ nicht ausführlich genug referierte, den Philosophen Anselm von Canterbury „nicht einmal erwähnte“ und die zwölf Apostel nicht in lupenreinem Deutsch nennen konnte, soll ein aus der Demokratischen Republik Kongo geflüchteter Priester kein Asyl in Deutschland erhalten. Nach Informationen von „Pro Asyl“ hatte der 40jährige Mann gleich bei seiner Ankunft auf dem Frankfurter Flughafen detailliert geschildert, daß er als Priester im Kongo dreimal inhaftiert und zweimal gefoltert worden war. Doch statt diesen Hinweisen nachzugehen, kaprizierte sich die zuständige Entscheiderin des Asylbundesamt darauf, die Bibelfestigkeit des Antragstellers in allen Einzelheiten zu examinieren.

Im Rahmen dieses theologischen Examens mußte der Asylsuchende auf lateinisch das Dei Laudes, das Gotteslob, vorsingen, den Gottesbeweis des Heiligen Augustin erläutern und Hegels Dialektik erklären. Haarsträubende Übersetzungsfehler machten aus den von dem Priester genannten Aposteln „Pierre“ ein Peter statt Petrus und aus „Jacques“ nicht Jakobus, sondern Hans. Da es keine Apostel Peter und Hans gibt, schloß das Asylbundesamt messerscharf, der Mann könne kein Priester sein. Sein Kirchenausweis sei folglich nur „ein gefälschtes Beweismittel“. Als Beweis für die vermeintlichen theologischen Wissenslücken heißt es u. a., der Antragsteller habe es „gänzlich versäumt, bei der Darstellung der Lehren von Augustinus“ auf einen bestimmten Aspekt hinzuweisen.

Am 6. Juli, knapp eine Woche nach der Ankunft des Mannes, wurde sein Asylantrag als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Inzwischen hat das katholische Missionswerk „Missio“ in der Heimat des Asylbewerbers recherchiert. Am Montag kam die Bescheinigung: Der Mann sei in der Tat Priester und habe an der Universität Kinshasa mit Auszeichnung ein Studium der Moraltheologie absolviert. Vera Gaserow