Die späte Rache des Ostens – CDU ohne NBI

■ Einstweilige Verfügung des Berliner Landgerichts: CDU darf ihr Wahlkampfblatt „Neue Bundesländer Illustrierte“ nicht mehr verteilen. Streit um Titelrecht. Auflage fast vollständig vertrieben

Berlin (dpa/taz) – Das CDU- Wahlkampfblatt „NBI“ ist am Mittwoch durch eine einstweilige Verfügung des Berliner Landgerichts gestoppt worden. Das Gericht gab damit dem Antrag des Münchner Verlegers Dietrich von Boetticher statt, der CDU die Nutzung des Titels und die Verteilung der Zeitung zu untersagen, erklärte der Vorsitzende Richter Jens Schomaker. Von Boetticher hatte argumentiert, der Titel „NBI“ gehöre ihm und nicht dem Verlag Gruner+Jahr. Dieser hatte der CDU die Nutzung des Namens im Wahlkampf erlaubt. Das Urteil wird erst in wenigen Tagen mit seiner Zustellung wirksam. Es sei denkbar, daß die CDU bis dahin alle Exemplare schon an die ostdeutschen Haushalte verteilt hat, sagte Schomaker.

Die Abkürzung „NBI“ stand in der DDR für die Zeitschrift „Neue Berliner Illustrierte“. In enger Anlehnung an deren Gestaltung ließ die CDU eine „Neue Bundesländer Illustrierte“ drucken. Seit dem vergangenen Wochenende wird diese einmalige Sonderausgabe mit einer Positiv-Bilanz der gesellschaftlichen Entwicklung seit der Wende in einer Auflage von 6,8 Millionen an ostdeutsche Haushalte verteilt. Die Anwältin des Münchner Verlegers erklärte, es werde eine Schadenersatzklage erwogen, weil der Titel „NBI“ durch die Nutzung zu Wahlkampfzwecken jetzt nicht mehr für eine parteipolitisch neutrale Zeitschrift genutzt werden könne.

In der mündlichen Verhandlung war es zuletzt vor allem um ein auf September 1995 datiertes Papier gegangen, wonach das Titelrecht an der „NBI“ vom Berliner Verlag auf den Verlag Gruner+Jahr übertragen worden sein soll. Die Anwälte des Münchner Verlegers – der Teile des Berliner Verlages gekauft hatte – äußerten den Verdacht, daß dieses Papier erst später erstellt wurde. Dieser Ansicht schloß sich das Gericht offenbar an. Sollte die CDU gegen die Verfügung verstoßen, ist ein Zwangsgeld bis zu 500.000 Mark angedroht.