Auf die Knie, schlittern, stopp

Mit „Safer Skating“ sollen Schüler lernen, beim Skaten nicht so oft, und wenn doch, dann richtig hinzufallen. Krankenkasse und die Sportindustrie promoten das Projekt  ■ Von Christian Haase

Mit kürbisgroßen Plastikhelmen, dicken Knieschützern und gepolsterten Handschuhen flitzen, kurven und rollen acht Grundschüler über den AOK-Parkplatz. Vorbei an grünen Fähnchen düsen sie mit ihren Inlineskates zwischen gelben und schwarzen Hindernissen hindurch. Immer schön im Kreis. Immer schön artig. Denn schließlich sind sie nicht zum Spaß hier, sondern weil sie die Aktion „Safer Skating“ promoten sollen. Und ihre Lehrerin hat ihnen versprochen, daß sie ins Fernsehen kommen.

Da möchte auch Staatssekretär Klaus Löhe vom Schulsenat nicht fehlen. Neben der AOK, der Sporthochschule Köln und einem Inlineskatehersteller ist auch seine Behörde an der Aktion beteiligt. Aus einem quietschbunten Karton packt Löhe Helm, Skates sowie Ellbogen-, Knie- und Handgelenkschoner aus. Als er die feschen, grauen Skates anlegen will, raunzt ihn Steffi Sommer, 24, von der Sporthochschule an: „Erst den Helm festbinden, dann die Skates.“ Steffi Sommer wird von Juli an die Sportlehrer von 50 Berliner Schulen im sicheren Skaten ausbilden, damit die das vom nächstem Schuljahr an unterrichten können. Und Sommers eherner Grundsatz lautet: „Erst den Schutz, dann die Schuhe.“ Da macht sie keine Ausnahmen. Etwas genervt läßt Löhe die Skates liegen, bindet sich den weißen Helm mit der Aufschrift „Knochen“ fest und geht in Straßenschuhen zum Interview.

Am Rande des Parkplatzes beobachtet Peter Maurer vom Inlineskatehersteller „K2“ sichtlich zufrieden das Geschehen. 16 Millionen Mark hat seine Firma seit vergangenem Jahr in die bundesweite Aktion „Safer Skating“ investiert. An mehr als 1.400 Schulen hat die Firma Skates, Schutzausrüstung und T-Shirts mit dem Logo „K2“ verteilt sowie die Ausbildung von Lehrern finanziert. „Voriges Jahr hatte der Markt für Inlineskates einen Durchhänger“, erläutert Maurer sein Engagement. Jetzt sollen die Schulkinder das Geschäft wieder ankurbeln. Wenn sie im Sportunterricht auf „K2“ durch die Halle surren, wollen sie auch für die Freizeit dieselben Skates, rechnet Maurer.

Und auch die AOK hat handfeste Interessen, vom nächsten Schuljahr an in 50 Berliner Schulen, den Unterricht in Bremsen, Fallen, Vorwärts- und Rückwärtsfahren mit 2 Millionen Mark zu sponsern. Denn Inlineskaten ist nach Fußball inzwischen die Sportart mit den meisten Unfällen. Mehr als 8 Millionen Deutsche flitzten 1997 mit bis zu 50 km/h durch die Gegend. Aber nur gut ein Drittel von ihnen kann auch richtig bremsen. Armbrüche, Hautabschürfungen und Schädelverletzungen sind die Folge. 500 Millionen Mark kostet die Krankenkassen der neue Trendsport pro Jahr – Tendenz steigend.

AOK, Sponsor und die Kultusministerien ließen daher bei der Sporthochschule Köln ein Programm entwickeln, um Schülern sicheres Skaten beizubringen. Richtiges Fallen ist eine der wichtigsten Übungen. Steffi Sommer macht es auf dem Asphalt vor. Anlauf, dann auf die Knieschoner werfen, auf den Ellbogenschonern weiterschlittern und mit den Handprotektoren abbremsen.

Die Schüler der Barnim-Grundschule, die auf dem Parkplatz artig ihre Kreise ziehen, freuen sich auf den Unterricht. Nicht nur bei der Wahl ihrer Schuhe sind sie einer Meinung. „Safer Skating“, das finden alle, sei einfach „cool“.