Seifenblasen für die Welt

■ Seit 50 Jahren mixt Familie Hein Seifenessenz für ihre Pustefix-Dosen – und verkauft sie heute bis nach Nairobi

Kilchberg/Tübingen (taz) – Wer kennt es nicht, das kleine blaue Röhrchen mit dem gelben Teddybären. Man muß nur die Lippen spitzen, sachte in den Ring blasen und schon sind sie da: Seifenblasen. Eine nach der anderen, große, kleine, unheimlich zarte und in allen Farben schillernd. Jedes Kind kennt Pustefix, und Ältere erinnern sich vielleicht sogar noch an die ersten Aludosen mit dem Korkverschluß nach dem Krieg. Am Wochenende nun beging die kleine Firma mit dem großen Namen ihr 50jähriges Jubiläum. Zur Feier durften 100 Kinder Tausende kleiner Blasen in den Gemüsegarten des Kilchberger Schlosses pusten.

Ach ja, und bei der Gelegenheit wurde am Wochenende die Produktion in die dritte Generation der Familie Hein übergehen: an Sohn Frank.

Eigentlich hört sich die Firmengeschichte von Pustefix fast genauso märchenhaft an, wie die Blasen irgendwie an Hokuspokus erinnern. „Mein Vater war Chemiker, produzierte Waschmittel, packte es in braune Tüten und tauschte es gegen Lebensmittel ein.“ So erzählt Gerold Hein, der heutige Firmenchef, ganz schlicht, wie eine schwäbische Weltkarriere beginnen sollte. Beim Experimentieren mit Lauge habe der Vater eines Tages eine Flüssigkeit mit einer großen Oberflächenspannung entdeckt – und Pustefix war geboren. Mit dem Spielzeug 1948 in die Serienproduktion zu gehen, sagt Hein heute, sei für damalige Verhältnisse sicher mutig gewesen. Es hat sich aber gelohnt. Denn heute werden die Kilchberger Blasendosen sieben Millionen mal im Jahr in 50 Länder auf der Erdkugel verschickt. Ob in den USA, Kenia oder in Japan, überall gibt es Pustefix zu kaufen. Im vergangenen Jahr hat Hein zum ersten Mal auch Rußland beliefert.

Produziert wird nicht etwa auf einem riesigen Fabrikgelände, sondern einem eher unscheinbaren Gebäude am Ende des kleinen Dorfes Kilchberg, das zwischen der Universitätsstadt Tübingen und der Bischofsstadt Rottenburg liegt. Nur das Firmenlogo mit dem gelben Bär läßt ahnen, was auf den 2.000 Quadratmetern im Innern geschieht. Ganze 28 Mitarbeiter sind es, die ganz allein hinter dem Weltprodukt Pustefix stehen. Davon werden im Jahr eine halbe Million Liter erzeugt, jeden Tag wird die Essenz in 50.000 blaue Röhrchen abgefüllt – macht aufs Jahr gerechnet fünf Millionen Mark Umsatz. Die Familienrezeptur will der gelernte Maschinenbauingenieur Hein nicht verraten – die wird streng gehütet. Eins aber garantiert der Firmenchef: „Pustefix ist biologisch abbaubar und völlig ungiftig.“

Der große Erfolg von Pustefix kam in den fünfziger Jahren. Zunächst galt es, die Probleme mit den Dosen zu überwinden. Die erste Version des Klassikers war ein Aluminiumröhrchen, das mit einem Pfropfen aus Kork verschlossen war. Das Naturprodukt zersetzte sich mit der Zeit und die kostbare Flüssigkeit leckte durch den Deckel. Erst mit den stabileren Kunststoffbehältern konnte dieser Mangel behoben werden.

Am Design hat sich wenig geändert. Auch 1998 wird dem Teddy die rote Schleife auf der rechten Seite gebunden, nur etwas rundlicher ist er geworden in den 50 Jahren. „Es geht einem einfach nicht mehr aus dem Kopf“, erklärt sich Gerold Hein die ungebrochene Faszination, die von dem Markenzeichen des Teddybären ausgeht. Und das gilt erst recht für die Seifenblasen, denn seit Jahrhunderten würden sich die Menschen ungebrochen an den zarten Gebilden erfreuen. Bevor der gezackte gelbe Pustefix-Ring erfunden war, wurden zum Blasen Strohhalme oder Tonpfeifen verwendet.

Ob der Firmenchef da überhaupt selbst noch Lust hat, gelegentlich zu pusten? „Aber selbstverständlich“, folgt die prompte Antwort. Schließlich müßte er ab und zu Erwachsenen zeigen, wie man das überhaupt macht. „Die Kinder können das viel besser, die sind nicht so dumm“, lacht Hein, der, ganz nebenbei bemerkt, Präsident des Deutschen Spielzeug-Instituts ist. Angela Groß