Manipulation statt Machtwechsel in Togo

■ Nach Stopp der Stimmenauszählung wird Togos Präsident zum Wahlsieger erklärt

Berlin (taz) – So einfach ist das manchmal mit der Demokratie. Der Innenminister des westafrikanischen Togo, General Seyi Mémène, hat gestern seinen Staatspräsidenten Gnassingbe Eyadema zum Sieger der Wahlen vom Sonntag erklärt, obwohl es kein fertig ausgezähltes Wahlergebnis gibt. 52,1 Prozent der Stimmen und damit den Sieg im ersten Wahlgang habe Eyadema erzielt, gegen 34,6 Prozent für Oppositionsführer Gilchrist Olympio, behauptete das Innenministerium. Mit Rufen wie „Eyadema, Dieb!“ demonstrierten daraufhin etwa tausend Menschen in der Hauptstadt Lomé, bevor sie von Sicherheitskräften auseinandergetrieben wurden.

Das Innenministerium hatte sich in der Nacht zu gestern entgegen den Regeln des Wahlgesetzes für die Bekanntgabe der Wahlergebnisse zuständig erklärt. Zuvor hatte die offizielle Wahlkommission nach Auszählung von etwa zwei Drittel der Stimmen ihre Arbeit eingestellt, nachdem Soldaten die Auszählung der Stimmen aus der Oppositionshochburg Lomé behindert hatten. Zu diesem Zeitpunkt lag nach Angaben aus der Wahlkommission Oppositionsführer Olympio vorn.

Die Wahlbeobachter der EU riefen zwar die Regierung „dringend“ dazu auf, „alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, damit der Wahlprozeß nach den gesetzlichen Bestimmungen abgeschlossen werden kann“. Aber es nützte nichts: Am Dienstag abend erklärte die zur Regierungspartei RPT gehörende Kommissionspräsidentin Awa Nana, die Wahlkommission sei nicht in der Lage, ein Ergebnis vorzulegen, und verkündete ihren Rücktritt. Damit war der Weg zur Fabrizierung eines Wahlergebnisses durch das Innenministerium frei.

So hat der mittlerweile dienstälteste Staatschef Schwarzafrikas sich erneut über eine Wahl hinweggerettet. Eyadema putschte sich 1967 an die Macht und wurde Anfang der 90er Jahre durch inneren und äußeren Druck zur Einführung eines Mehrparteiensystems gezwungen. 1993 gewann er bereits eine von der Opposition boykottierte Wahl. Nun verfolgt er erneut den Weg westafrikanischer Staatschefs wie Ibrahim Baré Mainassara in Niger oder Paul Biya in Kamerun, die alle durch fragwürdig ausgeführte Wahlen den Status gewählter Präsidenten erlangt haben.

Allerdings geht Eyadema damit ein Risiko ein. Die EU und vor allem Deutschland hatten sich für korrekte Wahlen in Togo engagiert. Die EU-Zusammenarbeit mit Togo ist seit 1993 eingestellt; ihre Wiederaufnahme wurde von transparenten Wahlen abhängig gemacht. Man darf nun auf die Reaktion der brüskierten EU-Wahlbeobachter gespannt sein.

Auch innenpolitisch ergibt sich für Eyadema eine neue Situation. Oppositionsführer Gilchrist Olympio lebt seit Jahrzehnten im Exil im Nachbarland Ghana und konnte jetzt in Togo kaum persönlich einen eigenen Wahlkampf führen. Daß er dennoch die Wahlen bei korrektem Ablauf vermutlich gewonnen hätte, spricht für sein politisches Gewicht. Zudem hat die Konfrontation zwischen Eyadema und Olympio eine historische Dimension. Gilchrist Olympio ist der Sohn von Sylvanus Olympio, erster Präsident Togos nach der Unabhängigkeit 1960, der 1963 bei einem Militärputsch unter Beteiligung Eyademas erschossen wurde.

Wenn mit Gilchrist Olympio jetzt in einem Nachbarland Togos ein Politiker lebt, der sich für den rechtmäßigen und um seinen Sieg betrogenen Präsidenten des Landes hält, ist das brisant. Togos Regierung hat in den vergangenen Jahren immer wieder Ghana vorgeworfen, bewaffnete togoische Exilgruppen zu beherbergen. Togos Hauptstadt Lomé liegt direkt an der Grenze zu Ghana.

Noch sagt Olympios Partei „Union der Kräfte für den Wandel“ (UFC), sie setze auf den „gewaltlosen Weg“. Aber unter einigen radikalen Regimegegnern ist die Bereitschaft zum bewaffneten Kampf groß. Sie stellen fest, daß Eyadema ein enger Freund des zairischen Diktators Mobutu Sese Seko war, der schließlich von einer aus Nachbarländern unterstützten bewaffneten Rebellion unter Laurent Kabila gestürzt wurde. Als dieser vor einem Jahr in Zaire die Macht ergriff, gab es in togoischen Zeitungen Schlagzeilen wie „Wann kommt Togos Kabila?“. Dominic Johnson