Das Portrait
: Filmikone des Naturzustands

■ Maureen O'Sullivan

Sie war nicht die erste Leinwand-Jane der Filmgeschichte, aber sie war die erste, die in dieser Rolle wirklich einschlug. In ihrem Baumhaus, umgeben von Bambusschränken, Bambustischen und – nun ja – einem Bambusbett, wirkte Maureen O'Sullivan stets, als würde sie im nächsten Moment ein frugales Mal für Tarzan und Cheetah bereiten, dann aber gleich den Elektrokocher einstöpseln und sich selbst einen Tee aufgießen. Very Irish! Maureen O'Sullivans Jane war eine moderne junge Dame, die die Unbilden des Urwaldlebens mit heiterer Gelassenheit zur Kenntnis nahm.

Maureen Paul O'Sullivan wurde am 17. Mai 1911 im irischen im County Roscommon geboren. Mit neun wollte die Klosterschülerin Pilotin werden. Daraus wurde nichts, denn sie wurde, gerade achtzehnjährig, von Regisseur Frank Borzage nach Hollywood geholt. Für vier Studios drehte sie in drei Jahren neun Filme, bis sie schließlich 1932 mit „Tarzan, der Affenmensch“ zur Ikone des Urwaldfilms avancierte und es für die nächsten zehn Jahre auch blieb.

Erst 1942 hängte sie den Lendenschurz wieder in den Spind. Die luftige Kleidung von Maureen O'Sullivan und ihrem Filmpartner, Olympiaschwimmer Johnny Weismuller, dürfte allerdings großen Anteil am Erfolg der Tarzanfilme gehabt haben. Zu einer Zeit, als sich Mae West in hochgeschlossene Jahrhundertwenderoben einnähen ließ und darunter sündige Korsetts trug, die selbst den Vatikan erbosten, zeigten Maureen und Johnny den appetitlichen Naturzustand vor, ohne Angst vor Zensur haben zu müssen.

Das Image der leichtbeschürzten Urwalddame wurde sie allerdings nie wirklich wieder los – und das, obwohl sie gern auch als wohlerzogene und hochanständige höhere Tochter besetzt wurde, so etwa in der Jane- Austen-Verfilmung „Stolz und Vorurteil“ aus dem Jahr 1940. 1942 zog sie sich für etliche Jahre aus dem Filmgeschäft zurück. Einem breiteren Publikum kam sie erst 1986 wieder ins Gedächtnis, als sie an der Seite ihrer Tochter Mia Farrow und ihres Schwiegersohns Woody Allen in „Hannah und ihre Schwestern“ zu sehen war. Ihren Beitrag zur Sparte „alte Frauen in gruseligen Filmen“ lieferte sie 1985 in „Nackter Wahnsinn“. Am Monatag ist sie im Alter von 87 Jahren in Phoenix, Arizona, an Altersschwäche gestorben. Reinhard Krause