■ Welt Weit Grönling
: Und noch mal: Der Fußball!

Weia! Da drapiert man eine garantiert fußballfreie Quietscheentchen-im-Internet-Kolumne mühevoll um die Dame mit der Entenwärmflasche herum, und vor lauter Fußball liest die Braut das noch nicht mal. Mon Dieu! Aber in diesen Tagen dreht sich alles nur noch um Fußball; das ist auch daran zu merken, daß selbst während völlig belangloser Spiele wie USA gegen Iran die Internet-Leitungen so frei sind wie sonst nie. Nach dem Spiel ist wieder mehr los, da gibt es viele, die sich in einen WM-Chat einklinken wollen. Vergeblich: Wegen Überfüllung geschlossen.

Die Künstler dieses Sommers heißen Djorkaeff, Ronaldo, Klinsmann und so weiter. Auch sie lieben das Internet, und wer von den Kickern etwas auf sich hält, hat seine eigene Homepage, wie etwa Bayern-Torwart Oliver Kahn oder Bernard Lama und Youri Djorkaeff. In jeder freien Minute hocken die beiden französischen Nationalspieler im Quartier der „Equipe tricolore“ in Clairfontaine vor der Kiste und surfen. Als Spieler von Welt will Djorkaeff seine Seite bald zusätzlich in englischer Sprache anbieten. „Laß es mich wissen, wenn sie fertig ist“, hat Bewunderin Valerie dem Star von Inter Mailand aufgetragen und ihre Mail-Adresse hinterlassen.

Frankreichs Trainer Aimé Jacquet duldet die Leidenschaft seines Duos – bis zu einem gewissen Punkt. Seinem Ersatztorwart Lama hat er untersagt, während der WM Chroniken für das Internet zu schreiben. Die Fans haben prompt reagiert und eine Kampagne für die „virtuelle Befreiung von Bernard Lama“ gestartet. Dabei ist es doch gar keine so schlechte Idee, die Fußballer in der spiel- und trainingsfreien Zeit mit dem Internet zu beschäftigen. Da kommen sie wenigstens nicht auf dumme Gedanken und machen mit Bräuten herum oder trinken Alkohol. Auch Computer-Freak Ronaldo hat auf seinem Zimmer im Mannschaftshotel des Weltmeisters Brasilien PC und Modem installiert. Seinen Fans schreibt der 21jährige die eine oder andere Botschaft ins Netz.

Von den deutschen Spielern ist während der WM im Netz nichts zu sehen. Nur das übliche Zeug auf den WM-Seiten, jedoch nichts von den Spielern selbst. Hat ihnen Berti das Internet verboten? Möglicherweise, allein das DFB-übliche Schweigegelübde wäre Grund genug. Und für alle inkompetenten Fernsehreporter ist „das Internet“ ohnehin mal wieder der Buhmann. Nach Kinderpornographie und Neonazis jetzt auch noch die Hooligans. Mal sehen, was unser „Internetzer“ im ARD-Chat dazu sagt. Dieter Grönling

dieter@taz.de