Felipe González ist um Ausreden nicht verlegen

■ Der ehemalige spanische Regierungschef sagt als Zeuge im GAL-Verfahren aus

Berlin (taz) – Der ehemalige spanische Regierungschef Felipe González ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Niemals wäre mir in den Sinn gekommen, so etwas zu veranlassen“, stritt der Sozialist gestern gleich zu Beginn seines dreistündigen Auftritts vor dem Obersten Gerichtshof in Madrid jegliche Verantwortung für den schmutzigen Krieg gegen die baskische Separatistengruppe ETA ab. Der Anwalt seines ehemaligen Innenministers José Barrionuevo hatte González als Zeugen geladen. Er sollte seinen ehemaligen Mitarbeiter und engen Vertrauten vom Vorwurf befreien, die Antiterroristische Befreiungsgruppe (GAL) vom Ministerium aus gelenkt zu haben. Bis zu 23 Jahre Haft drohen Barrionuevo dafür.

González tat sein Bestes. Keiner seiner Untergebenen habe ihm je vorgeschlagen, zum Mittel des schmutzigen Krieges zu greifen. Die GAL, deren Anschlägen in den 80er Jahren in Südfrankreich 28 Menschen zum Opfer fielen, sei eine Truppe außer Kontrolle geratener Polizisten gewesen. Daß jetzt hohe Mitglieder seiner Regierung dafür verantwortlich gemacht würden, sei das Ergebnis einer Konspiration: Francisco Álvarez Cascos, Vizepräsident der jetzigen konservativen Regierung, habe zusammen mit den Anwälten der beiden Ex-Polizisten, die als Kronzeugen auftreten, und dem Herausgeber der Tageszeitung El Mundo die Aussagen gegen die Mannschaft von González vorbereitet. Als Gegenleistung für Beschuldigungen, die letztendlich dazu führten, daß die Sozialisten 1996 den Konservativen die Regierungsbank räumen mußten, habe Cascos den beiden Ex-Polizisten die Begnadigung in Aussicht gestellt.

Bereits am Vortag bestritt der ebenfalls als Zeuge geladene Cascos die Verschwörung. Zwar habe er tatsächlich an verschiedenen Treffen zum Thema GAL teilgenommen, aber „ich hatte nie Zweifel daran, daß der Rechtsstaat die Wahrheit an den Tag bringen muß“. Er habe „unzählige Gesprächsangebote von allen Seiten“ erhalten, aber nur drei davon angenommen. Tatsächlich habe er sich im Dezember 1994 mit El Mundo- Herausgeber Ramirez und dem Anwalt der beiden Kronzeugen getroffen. Doch sei es ihm dabei nur „um das Sammeln von Informationen“ gegangen. „Ich habe niemals irgendeinen Gefallen oder gar eine Begnadigung versprochen“, wies Cascos die Vorwürfe der Konspiration zurück.

Besonders peinlich für Verschwörungstheoretiker González sind die beiden anderen Unterredungen Cascos'. Im Januar 1995 traf er sich mit Barrionuevo und wenige Wochen später mit dessen Mitangeklagten Rafael Vera. Mit Vera habe er lediglich „über Zukunftsperspektiven der Antiterrorpolitik“ geredet – doch Barrionuevo „bat mich, bei den Justizbehörden für ihn ein gutes Wort einzulegen.“ Aber auch das habe er nicht getan. Reiner Wandler