Solider als nur Geballere

■ Die Wehrmachtsausstellung als "Tatort"-Thema (So., 20.15 Uhr, ARD)

Die „Tatort“-Macher aus Köln zeigen erneut Ambition. Bereits ihr voriger Beitrag „Manila“, der Mißbrauchstourismus und Kinderprostitution thematisierte, kam, noch ergänzt durch eine Reportage, so aufklärerisch daher, daß die FAZ beim WDR schon eine „Rückbesinnung auf das gesellschaftskritische Fernsehspiel der 60er und 70er Jahre“ ausmachte. Am Sonntag wird wieder ein heißes Eisen angepackt: Die Folge „Bildersturm“, wie „Manila“ von Niki Stein inszeniert, beschäftigt sich mit den Kontroversen um die Wehrmachtsausstellung.

Der Anfang geht in medias res: Neonazis randalieren gegen die Ausstellung, und deren Leiterin (Sabine Vitua) wird eine tote Katze samt Morddrohung geschickt. Wenig später werden die Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) zur Leiche eines alten Mannes gerufen. Beide Fälle entwickeln sich zunächst unabhängig; ein Anschlag auf die Kuratorin schlägt fehl, eine weitere Leiche wird gefunden. Dazu kommt noch Schenks Onkel (Traugott Buhre) ins Spiel, ein greiser Kioskbetreiber, der auf Kommentare zur Ausstellung merkwürdig heftig reagiert. Bis die Erzählstränge sich zusammenfügen und der Krimi-Plot Spannung gewinnt, dauert es noch – gerade lange genug, um den thematischen Hintergrund zu beleuchten. So sitzt in einer TV-Diskussion neben Hark Bohm als Fürsprecher auch ein nicht gänzlich verblendeter Kritiker der Ausstellung, Verdrängungmechanismen werden deutlich, und die Ermittler zeigen sich glaubhafterweise zunächst eher desinteressiert an der Vergangenheitsaufarbeitung.

Eine gelungene Verbindung von Unterhaltung und Sendungsbewußtsein also? Wohl nicht in der Form, daß sie den Zuschauer zur Auseinandersetzung mit dem Thema brächte. Der Hintergrund ist aber solide genug, um den Krimi sympathischer zu machen, als irgendwelches SEK-Geballere es könnte. Positiv ist auch, daß das Duo Behrendt/Bär langsam zum eigenen Format wird. Obschon der ernsthaft-dynamische Ballauf und der schnoddrig-dicke Schenk im Prinzip ein klassisches Buddy-Duo bilden, sind ihre Rollen nicht derart überzeichnet, daß diese dramaturgische Standardfigur unangenehm aufstieße. Statt dessen dürfen beide schon mal mit einem guten Spruch glänzen. Wie etwa Ballauf seinen Kollegen mit den Worten „Geh schon mal vor“ hinauskomplimentiert und der ihm dann die „Derrick“- Verarsche „Ach, Harry holt schon mal den Wagen, oder was?“ entgegenschleudert, das hat was. Peter Luley