Absurder Streit unterm Regenbogen

■ Schönbohm kritisiert erneut Regenbogenbeflaggung zum CSD. 11 Bezirke flaggen trotzdem

Innensenator Schönbohm hat den elf Berliner Bezirken, die zum Christopher Street Day die Regenbogenflagge hissen wollen, vorgeworfen, sie seien „ideologisch verblendet“ und würden Berlin „lächerlich“ machen. In einem Brief an den Bezirksbürgermeister Tiergartens, Jörn Jensen (Bündnisgrüne) vom Mai dieses Jahres wirft er ihnen außerdem Inkompetenz und „absurdes Handeln“ vor. Das Aufziehen der Fahne verstoße gegen die geltende Flaggenverordnung, so Schönbohm.

Jensen wies die Anschuldigungen zurück. Die Regenbogenflaggen riefen zur Toleranz gegenüber Schwulen und Lesben auf und zeigten, daß Berlin eine weltoffene Stadt sei. Schönbohms Verhalten sei dagegen „kleinkariert und selbst ideologisch verblendet“, sagte Jensen. Die Beflaggung sei zulässig, da die Bezirke zu besonderen Anlässen andere Fahnen hochziehen könnten. Nach Schönbohms Interpretation dürfen allerdings nur Hoheitszeichen geflaggt werden. Jensen kritisierte, daß Schönbohm diese Regelung selbst nicht eingehalten hätte, als er zur Erinnerung an die Luftbrücke weiße Fahnen hochziehen ließ.

Auch die anderen zehn Berliner Bezirke, die die Fahnen entweder schon gehißt haben oder noch hochziehen wollen, reagierten gelassen auf die Kritik. „Herr Schönbohm wird ja wohl nicht den Bundesgrenzschutz schicken, um die Flaggen abzureißen“, sagte Uwe Klett (PDS), Bürgermeister von Hellersdorf. Auch Charlottenburg, Prenzlauer Berg, Mitte, Lichtenberg und Wedding werden die Fahnen noch hissen. Die Sprecherin des Innensenators, Isabelle Kalbitzer, sagte, daß es zur Zeit keine Anweisung des Senators gebe, die Regenbogenfahnen abzuhängen.

Seit den vergangen zwei Jahren beteiligen sich an der Flaggenaktion immer mehr Bezirke. Gestern schloß sich auch die Bezirksverordnetenversammlung Spandaus an. Allerdings hatte die Hälfte der CDU-Fraktion zuvor den Saal verlassen. Beim Berliner Schwulen- Verband, der die Flaggen an die Bezirksämter verteilt, mußten inzwischen Fahnen nachbestellt werden. Vom 26. bis zum 28. Juni wird der Christopher Street Day gefeiert. Dieses Jahr ist er der verstorbenen Lotti Huber gewidmet. Die Feiern erinnern an den ersten Aufstand von Schwulen und Lesben gegen ihre Diskriminierung in New York. Christian Haase