Analyse
: Clements neuer Kurs

■ NRWs Ministerpräsident Wolfgang Clement und sein neues Programm

Der neue nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) zieht weiter seine Furchen. Dabei nimmt sich der Rau-Nachfolger zunächst die Landesverwaltung vor. Nach der drastischen Verkleinerung seines Kabinetts von zwölf auf acht Ministerien folgte gestern die Ankündigung weiterer Einschnitte. „Statt auf mehr Geld für Reformen zu warten“, glaubt Clement die Regierungsarbeit so effektivieren zu können, daß trotz der angespannten Haushaltslage insgesamt „mehr Reformen“ möglich werden.

Neuen politischen Handlungsspielraum soll dabei nicht nur der „beschleunigte“ Arbeitsplatzabbau in der Landesverwaltung eröffnen, sondern auch die Beschäftigten selbst werden ab dem nächsten Jahr „sozial gestaffelt“ zur Kasse gebeten. Durch eine jährliche Eigenbeteiligung von 200 bis 1.000 Mark sollen die staatlichen Krankenbeihilfen um rund 190 Millionen Mark im Jahr reduziert werden. Ausgenommen bleiben davon nur die unteren Einkommen. Schrittweise auf Null gebracht werden künftig auch die sogenannte Ministerialzulage (insgesamt etwa 16 Millionen Mark) und Dienstaufwandsentschädigungen für Minister.

Während Clement mit diesen Ankündigungen auch bei den Grünen Punkte machte, hagelte es an dem neuen Kabinettzuschnitt gestern erneut scharfe Kritik. Im Zentrum steht dabei vor allem die auch von den Grünen kritisierte Zusammenlegung des Justiz- und Innenministeriums. Insgesamt präsentierte sich Clement während seiner Regierungserklärung als ein knochenharter Macher, entschlossen, auf allen Politikfeldern das Veränderungstempo in NRW drastisch zu erhöhen. Die „Qualitätsverbesserung“ an den Schulen soll durch mehr Eigenverantwortung und Gestaltungsspielräume für die einzelnen Schulen forciert werden. Ohne in die Einzelheiten zu gehen, versprach Clement auch den Hochschulen mehr „Autonomie“. Sie müßten „aus dem Korsett enger Regulierungen“ befreit und zu mehr Kooperation mit der Wirtschaft angeregt werden.

Auf „breiter Basis“ soll das Energiesparpotential in allen öffentlichen Gebäuden ausgeschöpft werden. Zusammen mit der grünen Umweltministerin Bärbel Höhn möchte Clement einen „Umweltpakt NRW“ in Gang setzen. Impulse soll es für den Ausbau regenerativer Energien und zum Schutz des Klimas geben, aber „wir werden noch lange Zeit auf den Einsatz fossiler Energien angewiesen sein“. Zu dem umstrittenen Braunkohletagebau Garzweiler II sagte Clement kein Wort. Dieser innerkoalitionäre Konflikt dürfte nach der Bundestagswahl erneut aufflammen. Auf weiteren Zoff in Düsseldorf kann man deshalb wetten, auch wenn die grüne Führungsetage zu der Regierungserklärung selbst gestern weitgehende Zustimmung signalisierte. Walter Jakobs