Betreutes Sterben mit Dackel, Fisch und Fernsehsessel

■ Erstes Berliner Sterbehospiz eröffnet in Neukölln. Finanzierung noch nicht endgültig geklärt

„Wenn der Mensch repariert ist, fliegt er aus dem Krankenhaus raus. Und für die Sterbenden hat niemand Zeit“, sagt Krankenschwester Dorothea Becker, 43. In dem ersten Berliner Sterbehospiz, das Becker mit einer Kollegin am kommenden Montag eröffnet, soll das anders werden. Zusammen mit Altenpflegern und Psychologen will sie Krebs-, Aids- und andere unheilbare Kranke bis zu ihrem Tod betreuen.

Damit die Kranken sich wohlfühlen, dürfen sie sogar ihre Haustiere mitbringen. „Eine Dame kommt mit Dackel, ein anderer bringt sein Aquarium mit und noch ein anderer seinen Lieblingsfernsehsessel“, erzählt Becker. „Wir wollen Zeit haben, die Sterbenden und ihre Angehörigen zu betreuen“, sagt sie. Die Angehörigen will sie „anlernen“, mit dem Tod umzugehen. Denn die meisten Menschen wollten zu Hause sterben, doch ihre Familien seien damit häufig überfordert. „Wir wollen den Angehörigen zum Beispiel beibringen, Veränderungen bei der Atmung richtig zu deuten und nicht gleich in Panik zu verfallen.“ Auch die Ärztekammer unterstützt das Projekt.

Trotz der bevorstehenden Öffnung ist die Finanzierung noch nicht gesichert. Eine Deckungslücke bei der Finanzierung war entstanden, nachdem die Bank für Sozialwirtschaft eine Kreditzusage von 1,2 Millionen Mark vor wenigen Wochen zurückgezogen hatte. Es fehlten Bürgschaften in Höhe von 80.000 Mark. Außerdem befürchtete die Bank, daß das Hospiz nicht genügend Geld erwirtschaften würde. Hospize sind gesetzlich verpflichtet, zehn Prozent ihrer Kosten selbst zu decken.

Doch die Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken (GLS) half den Organisatorinnen aus der Klemme. Auch Mitarbeiter brachten ein Darlehen von 60.000 Mark auf und boten Bürgschaften an. 167.410 Mark kamen noch einmal durch Spenden hinzu.

Für einen Hospizplatz müssen die Kranken 74 Mark pro Tag zahlen. 44 Mark pro Person und Tag muß das Hospiz durch Ehrenamtliche und Spenden erwirtschaften. Den Rest zahlen Krankenkasse und Pflegeversicherung. Die 15 Hospizplätze sind derzeit schon ausgebucht. Christian Haase

Ricam-Sterbehospiz, Delbrückstr.22, 12051 Berlin, Tel. 6288800