Schnaps gegen DGB-Umzug

■ Gewerkschaftler protestieren mit „Feigling“ gegen Berlin. Dieter Schulte wiedergewählt

Düsseldorf (taz) – Diesmal traf der Protest nicht die Bundesregierung, sondern die Funktionäre des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) bei ihrem eigenen Kongreß in Düsseldorf. Dutzende von DGB-Beschäftigten protestierten schon am Morgen vor dem Kongreßzentrum: „Der Umzug an die Spree tut uns allen weh“. Die Protestler drückten den Stimmberechtigten eine umetikettierte „Feigling“-Schnapspulle in die Hand: „Sei kein Feigling – Umzug nein!“

Wie erwartet wurde DGB-Chef Dieter Schulte auf dem Kongreß als oberster Gewerkschafter wiedergewählt. 72 Prozent der Delegierten des Gewerkschaftsbundes gaben ihm die Stimme, das sind drei Prozentpunkte weniger als beim letzten Mal. Als seine Stellvertreterin wurde Ursula Engelen- Kefer mit 81,8 Prozent der Stimmen bestätigt.

Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende des DGB, Heinz- Peter Benetreu, forderte zuvor die Delegierten auf, zu dem „unnötigen und teuren“ Umzug kritische Fragen zu stellen. Die Verlierer des Umzugs im DGB stünden bereits fest: die rund 200 Beschäftigten der Düsseldorfer Vorstandsverwaltung, denen man „schon die Altersversorgung gekappt und Nullrunden verordnet“ habe. Jetzt drohe vielen der Mitarbeiter auch noch die Arbeitslosigkeit. Davon sei die Glaubwürdigkeit der Gewerkschaften insgesamt tangiert.

Die meisten der Spitzenfunktionäre zeigten sich von dem Protest unbeeindruckt. Eilig bewegte sich auch Klaus Zwickel durch die Reihen der Demonstranten. Schon am abend zuvor hatte sich der Chef der IG Metall gegenüber Pressevertretern über den Düsseldorfer Ministerpräsidenten Wolfgang Clement aufgeregt, weil der in einem Grußwort mäßig verklausuliert gegen die Verlagerung des DGB-Sitzes gesprochen hatte.

Die endgültige Umzugsentscheidung wird entgegen ursprünglicher Planungen offenbar erst heute getroffen. Ein Nein zum Umzug, so hieß es gestern aus der Umgebung des DGB-Vorsitzenden Schulte, „wäre für den DGB eine Katastrophe“. Walter Jakobs