Armenpraxis in der Post

■ Ärztliche Hilfe für Obdachlose am Ostbahnhof zieht im August in neue Räume

Die medizinische Versorgung von Obdachlosen am Ostbahnhof in Friedrichshain ist gesichert. Jenny de la Torre, Obdachlosenärztin am Ostbahnhof und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes, hat für ihre Praxis neue Räume gefunden. Die Post bot ihr an, zusammen mit der Wärmestube des Deutschen Roten Kreuzes für eineinhalb Jahre in die zweite Etage des Bahnhofspostamtes einzuziehen. Die neue, 150 Quadratmeter große Praxis bietet Platz für einen zweiten Behandlungsraum, ein Labor und Duschen.

Die Bahn hatte dem Roten Kreuz, deren Untermieterin de la Torre ist, zu September gekündigt. Offizielle Begründung: „Umbauarbeiten.“ Doch die Ärztin vermutet, daß die Bahn auch die Obdachlosen aus dem Ostbahnhof habe loswerden wollen. Täglich behandelt sie bis zu 30 Patienten. Die meisten kommen mit Krätze, Schleppe und anderen Hauterkrankungen. De la Torre hatte befürchtet, keine neuen Räume zu finden. „Aber jetzt bin ich sehr erleichtert“, sagt sie.

Für die neue Praxis zahlt die Post die Miete, möglicherweise auch die Umbaukosten. „Wir fühlen uns in der Pflicht, uns sozial zu engagieren“, sagt Postsprecherin Barbara Scheil. Unterstützung kam auch vom Rotarier-Club, der Volkssolidarität und Anwohnern. Im August wird de la Torre in die neuen Räume umziehen. Christian Haase