Kommando zurück

■ Warum in München schon wieder ein Chefredakteur gefeuert wurde

Nur ein Jahr nach seinem Amtsantritt und zwei Monate nach dem Hinauswurf seines Stellvertreters Friedhelm Berger mußte gestern auch Chefredakteur Thomas Dobernigg seinen Schreibtisch bei der Münchner Boulevardzeitung tz räumen. Die Amtsperiode der Ex- Bild-Leute war kurz, und glaubt man ehemaligen Kollegen und dem Geraune in Münchner Journalistenkreisen, muß sie schrecklich gewesen sein: Dobernigg und Berger hätten sich „unmöglich aufgeführt“, in Redaktionskonferenzen altgedienten Kollegen den Mund verboten und die tz zu einem „Schmuddelblatt“ gemacht – ein Bild-Journalist attestiert dem Duo gar, ihre Schlagzeilen hätten die Geschmacklosigkeit der Bild- Zeitung aus den 70er Jahren gehabt.

Im Januar war das Arbeitsklima in der Redaktion bereits so frostig geworden, daß sich fünf Mitarbeiter aus der Redaktion verabschiedet haben. Gleichzeitig verdarb es sich der damalige Stellvertreter Friedhelm Berger mit seinem Verleger Dirk Ippen. Berger wollte dem Vernehmen nach unschöne Geschichten über die Münchner Prominenz ins Blatt heben – ungeachtet der Tatsache, daß Dirk Ippen ein Teil der Münchner Bussie- Gesellschaft ist.

Co-Chef Bergers Abgang im März wurde in der Redaktion mit Freude aufgenommen und leitete auch das Ende von Dobernigg ein. Der habe sich nicht rechtzeitig von Berger distanziert, so sei dieser sein „Sargnagel“ geworden.

Der Unmut der Redaktion und seiner schicken Freunde allein hätten Verleger Ippen wohl kaum zur Trennung von Berger und Dobernigg veranlaßt, wenn nur Auflage und Finanzen gestimmt hätten. Zwar stellten sich mit der neuen Chefredaktion anfangs einige Erfolge ein. Jedoch ist es fraglich, inwieweit diese ihr persönlich zuzuschreiben sind: Der Tod von Prinzessin Diana brachte eine kräftige Auflagensteigerung. Ebenso das in München ähnlich beachtete Ableben des Schauspielers Helmut Fischer („Monaco Franze“), den die Zeitung nachträglich auf Seite 1 um die „Todesspritze“ flehen ließ. Im Februar hievte ein Gewinnspiel die tz aus dem Auflagentief im engen Münchner Boulevardzeitungsmarkt, auf dem tz, Bild und Abendzeitung sich um die Leserschaft streiten.

Seither geht es wieder bergab, trotz neuen Designs des Lay-out- Gurus Mario Garcia und der vollmundigen Ankündigung, bis zum Jahr 2000 in München die Nummer eins zu werden. Bei der tz verläßt man sich jetzt wieder auf bewährte Kräfte: Im Januar geflohene Redakteure kehren zurück, und der kommissarische Chefredakteur Peter Fischer, eigentlich Chefredakteur des ebenfalls zu Ippens Verlag zählenden Münchner Merkur, wird tatkräftig unterstützt von Hans Riehl – dem Vorgänger Doberniggs. Stefan Kuzmany