■ Vorschlag
: Fragiler Rock der letzten Dinge: Catherine Wheel im Knaack Club

Was ist erstrebenswerter: auf einer Bohrinsel in der Nordsee zu arbeiten oder in einer Rockband zu spielen? Nicht leicht zu beantworten, diese Frage, das weiß jeder Heranwachsende, der nicht DJ werden möchte. Nachdem sie sich alle auf einer Bohrinsel kennengelernt hatten, entschieden sich jedenfalls die Mitglieder der britischen Band Catherine Wheel, ihre dortigen Jobs an den Nagel zu hängen und ein nicht weniger entbehrungsreiches Rock-'n'-Roll- Leben zu führen. Mit ihrem ersten, 1991 veröffentlichten Album, „Ferment“, schienen sie zunächst alles richtig gemacht zu haben: Es gab die für Newcomer üblichen Lobeshymnen, nach dem Manchester-Taumel war ihr stimmungsvoller, weniger tanzorientiert als erdig rockender Sound genau das richtige für die verkaterten britischen Raver.

Irgendwann allerdings blieben Catherine Wheel auf der Strecke: Sei es, weil ihr Sound sich nie so recht in einen der halbjährlich wechselnden Trends einfügen ließ, sei es, weil sie sich viel Zeit mit ihren Veröffentlichungen ließen, sei es, weil ihre damalige Plattenfirma nie mehr als das Nötigste tat. Und so verschwand die Band mehr und mehr von der britischen Bildfläche und tourte ganz New-Model- Army-mäßig vor allem in den Staaten in jedem Nest. Was auch das naheliegendste war: Dort war man begeistert, erhob sie mal in den Rang von Joy Divison, die in den Neunzigern genau diese Musik machen würden, hätte Ian Curtis sich nicht das Leben genommen, verglich sie mal mit den Smashing Pumpkins. Vor allem letztere passen als Vergleich ganz gut. Catherine Wheel sind oft amerikanischer als die Amis selbst und heißen trotzdem nicht Bush: In ihren Songs steckt viel Episches, die sind genauso hart rockend wie weinerlich, voll Schmock und Schmalz. Und sie künden von verwunschenen Traumwelten, von ersten und letzten Dingen wie Liebe, Lust und Einsamkeit, die Sänger Rob Dickinson (ein Vetter des Iron- Maiden-Frontmanns Bruce Dickinson!) mit sich überschlagender und oft zerbrechlicher Stimme beschwört. Zuspätkommen gilt übrigens heute abend nicht: Im Vorprogramm von Catherine Wheel spielen die wunderbaren Drugstore, deren Leadsängerin eine der schönsten Stimmen auf den Inseln besitzt! Gerrit Bartels

Drugstore + Catherine Wheel ab 21 Uhr im Knaack-Club, Greifswalder Allee 224