Döner Kebab ist es sicher nicht

Renan Yaman, Meisterkoch und Innenarchitekt in Berlin, zeigt die Raffinessen der türkischen Küche  ■ Von Dirk Engelhardt

Wie es dem Sultan gefällt“, „Der Imam fiel in Ohnmacht“, „Frauenschenkel“: Allein die Namen der Gerichte zeugen von Sinnlichkeit und Humor, sind kleine Geschichten. Renan Yaman, Ernährungswissenschaftler und Sieger bei der internationalen Gastronomiemesse in Dijon, kann nur müde lächeln, wenn man von der türkischen Küche, wie sie sich in Berlin darstellt, spricht. Döner Kebab, Sis Kebab, Köfte, türkische Pizza und Schluß. Neben den Hunderten von Döner-Buden mit mehr oder minder zweifelhafter Ästhetik und Geruchsaura gibt es nur ein gutes Dutzend türkischer Restaurants. Die Reichhaltigkeit und Opulenz der türkischen Küche läßt sich auch dort nur selten erleben. „Das liegt zum einen an der mangelhaften Ausbildung der Köche in der Türkei, aber auch am fehlenden Qualitätsbewußtsein der türkischen und deutschen Gäste.“ Der Seitenhieb auf die Berliner Currywurstfresser sitzt. Und dieses mangelnde Qualitätsbewußtsein sei nicht nur bei den türkischen Restaurants zu beobachten, sondern auch bei vielen anderen ausländischen Restaurants, so Yaman. Wer je in einem chinesischen Restaurant in New York gespeist hat, weiß, wovon Yaman spricht. Die Berliner legen mehr Wert auf Masse statt auf Klasse, und so wird die Stadt noch einen weiten Weg zur kulinarischen Hauptstadt haben – auch wenn sich einige First- class-Häuser jetzt schnell ein paar Sterne in renommierten Gourmet- Führern einkaufen.

„Ein neues türkisches Restaurant am Innsbrucker Platz bietet zum Beispiel Gerichte aus dem Tandir-Grill an. Dies ist normalerweise ein in die Erde eingelassener Steinofen, in dem Fleischgerichte über drei Stunden schmoren müssen. Das Restaurant dort benutzt aber einen herkömmlichen Pizza- Ofen, der natürlich nicht annähernd die Geschmacksqualität hervorbringt, die ein echter Tandir-Grill bietet. Das ist aber auch eine Geldfrage“, erklärt Yaman. Die Qualität der Döner ist für Yaman auch nicht die beste: „Das Fleisch, das für die Herstellung verwendet wird, stammt oft nicht ausschließlich von der Lammkeule, wie es eigentlich sein sollte. Das wird mit Mehl, Stärke und billigem Gehackten gestreckt, und der Geschmack leidet darunter. Und es wird meist auch nicht die richtige Marinade verwendet. Ein guter Döner-Teller müßte eigentlich 25 Mark kosten.“ Zu teuer für den hungrigen Hauptstädter.

Die Ausstaffierung mit Folkloreartikeln, wie sie in vielen Restaurants zur Grundausstattung gehört, mag Yaman überhaupt nicht. Er ist selber Maler und Innenarchitekt und richtete sein eigenes Restaurant in Ankara ein. „Ein Restaurant muß Atmosphäre ausstrahlen, und das fehlt den meisten“, sagt er. Die türkische Küche setzt in erster Linie auf Gerichte aus Weizenmehl und Weizen – auch wenn das für manche ungewöhnlich klingen mag. Darauf folgen Milchgerichte, Suppen mit Mehl und Joghurt, gekochte oder rohe Gemüsegerichte. Ein Gang über den Markt am Maybachufer zeigt einen guten Querschnitt der Ingredienzen der türkischen Küche. Außerdem gibt es eine große Anzahl von Röstfleischgerichten und Süßspeisen, wie das honig-klebrige Baklava, die für deutsche Gaumen allerdings oft zu süß erscheinen. Fast alle Gerichte enthalten eine Kombination aus Zwiebeln und Knoblauch, die den Speisen eine besondere Würze gibt. Tabu in der türkischen Küche sind Mayonnaise, Ketchup, Sahne und Soja.

Einmal im Monat zeigt Yaman seine Tips und Tricks für ein wirklich edles türkisches Gericht in seiner „Kochshow“ im Familiengarten in Kreuzberg, die zu einem Geheimtip in Berlin avancierte. Die Show mit anschließendem „Verzehr“ kostet sieben Mark. Das Ganze geht nicht so schwuppdiwupp wie bei Alfred Biolek, da Speisen der türkischen Küche oft einen Tag Vorbereitung brauchen. Wer nicht nach Kreuzberg kommen kann, für den kocht Yaman auch auf Bestellung in den eigenen vier Wänden. Vorbestellungen nimmt er unter Telefon (030) 8214822 entgegen.

Türkische Restaurants in Berlin:

KANDIL, Richardplatz 5,

Telefon 6818313/6818264

LEHMOFEN, Freiheit 12,

Telefon 6557044

DEMIRCAN, Gabelsbergerstr. 10,

Telefon 4273564

ÖZDOGAN, Voigtstr. 43,

Telefon 4279186

ISTANBUL, Knesebeckstr. 77,

Telefon 8832777

ANGORA, Schlüterstr. 29,

Telefon 3237096

QUICK, Kurfürstendamm 165,

Telefon 8814463

HASIR, Nürnberger Str. 46,

Telefon 2177774

PERGAMON, Gneisenaustr. 3,

Telefon 6926105

MERHABA, Hasenheide 39,

Telefon 6921713

PASCHA, Graefestr. 71,

Telefon 6921778

IYAR, Dresdener Str. 9,

Telefon 6152708

R AYSE, Donaustr. 99,

Telefon 6865819

ANTALYA, Attilastr. 173,

Telefon 7539376

YAYLA, Gustav-Adolf-Str. 168,

Telefon 4735905

SULTAN, Reinickendorfer Str. 70,

Telefon 4555657

HITIT, Knobelsdorffstr. 35,

Telefon 3224557

Buchtip: Eberhard Seidel-Pielen, „Aufgespießt. Wie der Döner über die Deutschen kam“, Rotbuch 1996, 19,80 DM