■ Österreich: Völkerverständigung im Zeichen der Motorsäge
: Die Holzfäller-WM

Melnhof/Gmunden (taz) – Dem zuständigen Revierförster Wolfgang Enser stand der Stolz ins Gesicht geschrieben. Der Grund: Über achtzig wetterfest gekleidete Waldarbeiter ließen am Mittwoch ihre Kettensägen im Fichtenwald der Melnhofschen Forstverwaltung aufheulen – unter den Augen einer strengen Jury.

Farbenfrohe Werbebanner, Festzelte und knapp tausend Zuschauer verwandelten den gewohnten Bestandesfrieden für einen Tag in ein Volksfest. Doch der lautstarke Wettbewerb im Baumfällen war nur ein weiterer Höhepunkt der 23. Forstarbeiter-Weltmeisterschaft, die augenblicklich im österreichischen Salzkammergut ausgetragen wird.

Teilnehmer-Teams aus aller Herren Länder hatten sich bereits am 19. Mai im traumhaft gelegenen Gmunden versammelt, um ihr Geschick eine knappe Woche lang auf die Probe zu stellen. Auftakt war ein respektabler Aufmarsch der dreißig fahnenschwingenden Nationalmannschaften auf dem historischen Rathausplatz der südländisch anmutenden Kurstadt am Traunsee. Vor staunendem Publikum eröffnete die kanadische Delegation die forstlichen Spiele auch gleich mit einer professionell einstudierten „West Coast Logging Show“. Die Freiluftdarbietung setzte auf das Unterhaltungsmoment aufgemotzter Motorsägen und gewährte einen lehrreichen Einblick in die rüde Waldarbeitsmethodik vergangener Tage. Für den musikalischen Ramen sorgte – erwartungsgemäß - eine alpenländische Blechblascombo.

Weitaus zivilisierter gibt sich da der multikulturelle Geist der offiziellen Veranstaltung, die alle zwei Jahre von einem interessierten Gastgeberland ausgerichtet wird. Schon seit den frühen 60er Jahren sorgt ein internationales Komitee für gleichförmige Bedingungen bei forstlichen Berufswettkämpfen. Aus den Anstrengungen wuchs 1970 erstmals eine Weltmeisterschaft mit festgeschriebenem Regelwerk. Seither dienen die Leistungsschauen jedoch nicht allein der Jagd nach Goldmedaillen. Vielmehr versteht sich die Forstarbeiter-WM als Institution, die den Teilnehmern aus allen Teilen der Welt eine Möglichkeit zum Austausch bietet. Neben der Pflege privater Kontakte gilt es, den zügigen Fortschritt in Motorsägentechnik, Arbeitssicherheit und forstlichem Know-how zu vermitteln. Denn mag man noch so leidenschaftlich über den Sinn diverser Waldnutzungsformen debattieren – feststeht, daß Waldarbeiter einer ebenso gefährlichen wie überaus kräftezehrenden Tätigkeit nachgehen. Nicht umsonst schmückt sich diese Berufsgruppe weltweit mit kernigen Attributen und eigenem Ethos.

Darüber hinaus nimmt der Umweltschutz einen stetig steigenden Einfluß auf den Wettbewerbsverlauf. Erfreulicherweise werden nur noch Motorsägen zugelassen, die mit benzolreduzierten Brennstoffen und Rapsöl betrieben werden.

Aber nicht nur auf diesem Gebiet erfüllt die WM eine oft unterschätzte Vorbildfunktion. Auch das strenge Reglement, dem Wettkampfdisziplinen wie Baumfällung und Präzisionsschnitt ebenso unterworfen sind wie das Auswechseln der Motorsägenketten auf Zeit, erfüllt pädagogische Ziele: Die Anforderungen entsprechen dem aktuellsten Stand der Technik und berücksichtigen Arbeitsverfahren, die zum Erhalt des Waldes beitragen.

Sponsorengelder machten es auch in diesem Jahr möglich, daß Berufswettkämpfer aus sogenannten Drittweltländern ihre Einladung wahrnehmen konnten. Ein Beispiel dafür ist die Teilnahme der Teams aus Süd- und Lateinamerika. Bei den Angereisten handelt es sich um hochmotivierte Nachwuchsförster, die mehr wollen als den Ruf des heimischen Regenwaldes retten.

Das bestätigte auch Daniel Galeano. Der 28jährige Mannschaftskapitän aus Honduras tritt in seiner Heimat für die Idee der nachhaltigen Forstwirtschaft ein. An der National School of Forestry Sience unterrichtet er das fachgerechte Holzfällen.

Doch genug der Festrede. Wie bei internationalen Zusammenkünften üblich, zeigt sich auch der Charakter der Forstarbeiter-WM am berüchtigten Buffet. So sehr die einzelnen Nationalmannschaften am Tage konkurrieren, spätestens am Abend lädt die Theke zum „Fachgespräch“. Bleibt eigentlich nur, den Kommentar eines trinkfesten Teilnehmers aus Dänemark zu zitieren: „Was im Grunde stört, sind die Wettbewerbe.“ Daniel Wippermann