Militärs stehen hinter Suharto

■ Parlament für Rücktritt von Indonesiens Diktator

Jakarta (taz) – Die indonesische Armee steht weiterhin fest hinter Präsident Suharto. Verteidigungsminister Wiranto, gleichzeitig Chef der Streitkräfte, war gestern nicht bereit, sich den zunehmenden Forderungen nach einem Rücktritt des Regierungschefs anzuschließen. In einer Pressekonferenz im ABRI-Hauptquartier erklärte General Wiranto, das Versprechen von Parlamentspräsident Harmoko, er wolle Suharto zur Aufgabe seines Amtes bewegen, sei nur seine „private Ansicht“ und „nicht verfassungsgemäß“. Außerdem warnte er die Opposition vor einer für morgen angekündigten Großdemonstration gegen die Regierung, da solche Proteste „zu großen Opfern“ führen könnten.

Der Oppositionspolitiker und Chef der 28 Millionen Mitglieder starken Muslim-Organisation „Muhammadyia“, Amien Rais, hatte zuvor angekündigt, allein in Jakarta über eine Million Menschen auf die Straße zu bringen, um Suharto noch mehr unter Druck zu setzen. Die Armee unterstütze allerdings den Plan des Präsidenten, sein Kabinett umzubilden, sagte General Wiranto. Sie sei aber nicht bereit, gemeinsam mit der Regierung, Studenten und anderen oppositionellen Gruppen ein Komitee zu gründen, in dem über Reformen beraten werden solle. Damit erhielten die Hoffnungen auf ein schnelles und friedliches Ende der 32jährigen Suharto-Ära einen empfindlichen Dämpfer.

Erst am Nachmittag hatte sich der Parlamentspräsident, der zugleich Chef der Regierungspartei Golkar ist, zur großen Überraschung vieler BeobachterInnen auf die Seite derjenigen geschlagen, die Suharto zum Rücktritt drängen: Er werde schon am heutigen Dienstag alle fünf in der Volksversammlung vertretenen Fraktionen zu einem außerordentlichen Treffen einberufen, um über die notwendigen Schrittte zu beraten, kündigte Harmoko an, der bislang zu den loyalsten Anhängern des Präsidenten gehört hatte. Damit ist offensichtlich, daß ein tiefer Riß durch das indonesische Regierungslager geht.

Mehrere Delegationen von Studenten und Professoren verschiedener indonesischer Universitäten hatten am Vormittag den Abgeordneten im Parlament Petitionen überreicht, in denen sie den Rücktritt Suhartos sowie politische Reformen verlangen. In einer beispiellosen Offenheit durften die Kritiker ihren Standpunkt vortragen. Die Armee hatte Hunderte von Studenten auf das Gelände gelassen, die Protestlieder sangen und „Nieder mit Suharto!“ riefen. Jutta Lietsch

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