Ohne Schweine kein Geld für Dörfer

■ Schweriner Agrarminister zwingt Gemeinden zu mehr „Investorenfreundlichkeit“. Sechs Dörfer auf schwarzer Liste

Berlin (taz) – Der mecklenburg- vorpommerische Landwirtschaftsminister hat es schwer. Da will ein Investor in Bresegard, einem Dorf bei Ludwigslust, eine Schweineproduktionsanlage bauen: rund zwei Hektar für 9.000 Schweine. Doch kaum waren die Pläne bekannt, sammelten die Bresegarder Unterschriften gegen den Schweineknast: Zwei von drei Dorfbewohnern stimmten dagegen. Nun will das Land die Fördermittel für die Dorferneuerung streichen. Die Gemeinde hätte keine sachlichen Argumente gegen das Projekt vorzubringen, lautet die Begründung.

Ganz anderer Meinung sind da die Bresegarder: „Wir sehen nicht den wirtschaftlichen Nutzen. Außer dem, der investiert, hat keiner was davon“, sagt Bürgermeisterin Renate Weber. Für die Anlage müßte die Dorfstraße saniert werden. Kosten: 400.000 Mark. Dagegen seien 80.000 Mark Steuereinnahmen im Jahr gar nichts. Zudem glaubt man in Bresegard nicht an die acht versprochenen Arbeitsplätze. Eine hochmoderne Tierproduktionsanlage brauche kaum Beschäftigte. Und der Eigner könne nicht einmal gezwungen werden, die Schweine im Land zu schlachten. Nicht umsonst sei die Anlage an der A 24 geplant.

Keine Schweinemast – keine Dorferneuerung. So will Landwirtschaftsminister Martin Brick (CDU) die Gemeinden zwingen, investorenfreundlicher zu werden. Derzeit sind sechs renitente Kommunen auf einer schwarzen Liste vermerkt. Immerhin stünden Investoren mit 400 Millionen Mark Schlange, so die Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums, Brigitte von Schönfels. Da könne man keine Rücksicht auf Befindlichkeiten nehmen.

Erpressung auf dem Amtsweg? Die Sprecherin verneint. So sei das nicht zu verstehen, schließlich gebe es eine Reihe von Kriterien, die erfüllt sein müßten, bevor eine Gemeinde Fördermittel erhalte. Und „Investorenfreundlichkeit“ gehöre nun mal dazu. Daran hielt Minister Brick auch fest, nachdem der Schweriner Landtag ihn aufgefordert hatte, die Weisung zurückzuziehen. Die Mittel seien knapp, da könnten nicht alle Kommunen gleich berücksichtigt werden.

Mehr Verständnis haben die Naturschutzverbände für die Gemeinden. Was etwa BUND-Referent Lutz Schaup Sorgen macht, sind die knapp 30.000 Kubikmeter Gülle, die eine Anlage von 10.000 Tieren jedes Jahr produziert. Hinzu komme die Schweinepest. Bei den geplanten 120 Großanlagen könnte es zu einem ähnlichen Desaster wie in Losten kommen. Dort mußten im Januar 62.000 Tiere gekeult werden, nachdem das Virus ausgebrochen war. Das Landwirtschaftsministerium gibt sich dagegen überzeugt: „Je größer die Anlage, desto besser das Seuchenmanagement.“

Grund für Bricks harten Kurs: Die Schweineproduktion im Land ist zurückgegangen, vor zwei Jahren mußten mehrere Großschlachtanlagen schließen. Diesen Trend will der Agrarminister umkehren. Uta Andresen