Krebserregendes Parkett kommt untern Teppich

■ Umweltbundesamt legt Strategie für die 60.000 verseuchten Ex-Alliiertenwohnungen vor

Frankfurt/Main (taz) – Die Bewohner der rund 60.000 ehemaligen Alliiertenwohnungen im Bundesgebiet, die möglicherweise in hohem Maße mit krebserregenden Stoffen im Parkett belastet sind, sehen einen Hoffnungsschimmer. Nachdem eine erste Expertengruppe des Umweltbundesamtes sich vor zwei Monaten lediglich einig war, daß „am Boden spielende Kinder besonders gefährdet“ seien, aber ein gemeinsames Vorgehen aufgrund der „Vielschichtigkeit des Problems“ verworfen hatte, hat eine zweite Runde nun doch einen Vorschlag erarbeitet.

Danach soll zunächst der in den Wohnungen verwendete Parkettkleber auf seinen Gehalt an krebserzeugenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) untersucht werden. Enthält er mehr als 10 Milligramm pro Kilogramm an Benzo(a)pyren (BaP), der gefährlichsten PAK-Substanz, müsse als nächstes der Hausstaub untersucht werden. Enthalte der auch mehr als 10 Milligramm BaP pro Kilogramm, müßten „kurzfristig Maßnahmen zur Minimierung der Belastung“ ergriffen werden. Analysen des unabhängigen Umweltinstitutes Arguk hatten im Hausstaub Berliner Wohnungen noch vierstellige Konzentrationen ergeben.

Wie und wieviel saniert wird, soll laut der Behörde von Ergebnissen von Urinuntersuchungen bei Betroffenen und „vom Zustand des Parkettbodens“ abhängen. Ist der Boden nicht beschädigt, schlagen die Experten vor, ihn „im einfachsten Fall mit neuen Belägen zu überdecken“. Unter Umständen komme auch eine Abdichtung mit im Fachhandel angebotenen Spezialprodukten in Frage.

Die kommunale Holding der rund 3.000 Ex-US-Wohnungen in Frankfurt/Main hat schon mal vorab erklärt, sie werde auf keinen Fall die alten Parkettböden herausreißen und ersetzen. Allenfalls käme eine Abdeckung in Frage. Für die Bewohner, bei denen das Umweltlabor Arguk im Parkettkleber sogar schon PAK-Werte von weit mehr als 10.000 Milligramm pro Kilo gemessen hatte, ist das „ein schlechter Witz“.

Dabei kann nicht einmal eine Totalsanierung, also Austausch des Parketts, garantieren, daß die PAK vollständig beseitigt werden. Ein ehemaliges Offiziershaus in Bad Vilbel wies auch nach dem Herausreißen von Parkett und Einbauschränken noch hohe Werte auf. Der Eigentümer, der das Haus für 800.000 Mark vom Bund ersteigert hatte, will jetzt vom Verkäufer sein Geld zurück.

Der Bund habe schließlich von der Verseuchung der Häuser und Wohnungen gewußt, ohne die Käufer davon in Kenntnis zu setzen, lautet der Vorwurf von Umweltverbänden und Mietern. Die Oberfinanzdirektion in Frankfurt hat das zurückgewiesen. Dagegen hat ein früher in Deutschland stationierter ehemaliger US-General nun im hessischen Fernsehen erklärt, daß die deutschen Behörden schon in den frühen 80er Jahren informiert worden seien. Damals seien Soldaten und ihre Angehörigen erkrankt. Klaus-Peter Klingelschmitt