Das Portrait
: Hartnäckiger Überzeugungstäter

■ Mordechai Vanunu

Er würde alles wieder genauso machen und bereue nichts, sagt Mordechai Vanunu. Allein diese Aussage dürfte ausgereicht haben, daß ein Berufungsgericht zu Beginn der Woche eine Entlassung Vanunus auf Bewährung ablehnte. Zwei Drittel seiner 18jährigen Haftstrafe hat Vanunu verbüßt. Aber das Gericht befand, es gebe immer noch eine „große Wahrscheinlichkeit“, daß die Sicherheit des Staates Israel gefährdet werde, sollte er vorzeitig freikommen. Vanunu verfüge noch immer über nukleare Geheimnisse, die bislang nicht veröffentlicht worden seien, erklärte das Gericht nach zwei Anhörungen des Gefangenen.

1986 verriet der Atomtechniker im israelischen Nuklearreaktor Dimona der englischen Zeitung Sunday Times Details des israelischen Atomprogramms. So machte er publik, daß Israel über rund 200 nukleare Sprengköpfe verfügt. Der Mossad setzte alles daran, den Spion einzufangen. Eine Agentin lockte Vanunu von London nach Rom, wo er von anderen Agenten des Mossad in einem Flugzeug nach Israel entführt wurde. Elf Jahre hat Vanunu in Einzelhaft verbracht. Wiederholt hatten internationale Menschenrechtsgruppen Israel der Folterung angeklagt. Erst zu Beginn des Jahres war Vanunu in den normalen Strafvollzug verlegt worden.

Seit Jahren bemüht sich eine „Internationale Kampagne zur Befreiung Vanunus“ um seine Haftentlassung. Erst Ende April reiste die britische Schauspielerin Sussanah York gemeinsam mit zwei Labour-Abgeordneten nach Israel. Der Delegation wurde ein Besuch Vanunus verweigert. Doch übergab das Trio Israels Präsidenten Weizman eine Petition mit 700 Unterschriften. In dem Schreiben bitten die Unterzeichner Weizman, Vanunu aus Anlaß des 50. Jahrestags der Staatsgründung zu begnadigen. Doch auch Weizman setzte sich nicht über die in Israel üblicherweise strenge Behandlung von „Landesverrätern“ hinweg.

In einem halben Jahr kann der jetzt 43jährige das Berufungskomitee erneut anrufen. Vanunu bekommt große Unterstützung in Israel und im Ausland. Das aber macht die israelischen Behörden mißtrauisch. Die Aussichten, daß er bald freikommt, sind gering. Gewiß würde es ihm helfen, wenn er seine Tat bereuen würde, sagt sein Anwalt Avigdor Feldmann. Aber er betrachte sich als Überzeugungstäter, der aus Gewissensgründen gehandelt habe. Georg Baltissen