Der verlorengegangene Paß

■ Kenianerin wollte nach Bremen zurück, dann geriet sie in den Behördendschungel

Patricia G.* darf bleiben. Das Bremer Ausländeramt wird die Aufenthaltsgenehmigung der Kenianerin wieder um zwei Jahre verlängern. Das teilte jetzt Amtsleiter Dieter Trappmann mit, nachdem der dubiose Fall erneut unter die Lupe genommen worden war. Bisher hatte G. damit gerechnet, am Freitag ausreisen zu müssen, weil ihr Touristenvisum abläuft. Nach Angaben der Bremer Flüchtlingsinitiative war die Frau deshalb vollkommen verzweifelt.

Die gelernte Arzthelferin lebt bereits seit 16 Jahren mit kurzen Unterbrechungen in Deutschland. Sie war zehn Jahre hier verheiratet und hat zwei Kinder in München. Bisher wurde ihre Aufenthaltsgenehmigung darum immer problemlos verlängert – auch als Patricia G. nach der Scheidung aus Bayern nach Bremen zog. Erst als sie im Juni 1996 ihre Mutter in Kenia besuchte, begann der Ärger um ihren Aufenthaltsstatus.

Bei ihrer Rückkehr nach Bremen wurde ihr Paß auf dem Flughafen von Nairobi gestohlen. Bei den kenianischen Behörden war man allerdings nicht bereit, ihr sofort ein Ersatzdokument auszustellen. Die Polizei wollte erst abwarten, ob der Ausweis wieder auftaucht. Erst nachdem das Rückflugticket von Patricia G. verfallen war, erhielt sie einen neuen Paß. Um Geld für die Rückkehr nach Deutschland zu organisieren, blieb sie insgesamt bis Januar dieses Jahres in Kenia. Danach geriet sie in die Mühlen der deutschen Behörden.

Da die Kenianerin länger als sechs Monate ausgereist war, galt ihre Aufenthaltsgenehmigung nicht mehr. Aus demselben Grund verweigerte ihr das Bremer Ausländeramt eine Verlängerung. „Das entspricht lediglich der gültigen Rechtslage“, sagt Amtsleiter Trappmann. Demnach müssen AusländerInnen mit befristeter Aufenthaltsgenehmigung Auslandsaufenthalte, die länger als sechs Monate dauern, dem Amt vorab melden. Dies war in diesem Fall aber nicht möglich.

Da die Frau durch die überraschende Rechtslage völlig verwirrt war, so die Flüchtlingsinitiative, gab sie bei einer ersten Anhörung nur Paßprobleme an, ohne genauer darauf einzugehen. Darum setzte ihr das Ausländeramt eine Frist bis zum 16. April für eine schriftliche Begründung. Nach Verstreichen der Frist lehnte die Behörde das Ersuchen ab.

Patricia G. hatte die Frist aber gar nicht verstreichen lassen. Bereits am 9. April, also eine Woche früher, war ihre schriftliche Begründung mit Dokumenten der kenianischen Behörden über den Diebstahl ihres Passes beim Bremer Stadtamt ordnungsgemäß eingegangen. Der Brief war lediglich noch nicht im Ausländeramt eingetroffen und bis Montag auch – trotz Intervention der Flüchtlingsinitiative – nicht bearbeitet worden. Erst auf erneuten Druck und Einschaltung der Ausländerbeauftragten Dagmar Lill wurde der Fall erneut aufgerollt. „Sie konnte glaubhaft darlegen, daß sie die Lage nicht selbst verschuldet hat“, begründet Trappmann die neue Entscheidung des Ausländeramtes.

Patricia G. weilt derweil bei ihren Kindern in München, um sich zu verabschieden. Und sie hatte bereits alle Vorbereitungen getroffen, wieder nach Kenia zurückzukehren. Grund: Sie lebte wegen ihres zweifelhaften Aufenthaltsstatus' in einer Flüchtlingsunterkunft und erhielt vom Sozialamt nur einen „Notgroschen“zum Überleben.

Jens Tittmann

*Name von Red. geändert