Die rechtsextreme Deutsche Volksunion (DVU) kann am Wochenende bei den Wahlen in Sachsen-Anhalt den Einzug in den Landtag schaffen. Ursprünglich wollte Ministerpräsident Höppner (SPD) deshalb ein "Bündnis gegen Rechts" schmieden. Doch die C

Die rechtsextreme Deutsche Volksunion (DVU) kann am Wochenende bei den Wahlen in Sachsen-Anhalt den Einzug in den Landtag schaffen. Ursprünglich wollte Ministerpräsident Höppner (SPD) deshalb ein „Bündnis gegen Rechts“ schmieden. Doch die CDU machte dabei nicht mit.

Wegen der DVU eine große Koalition?

Reinhard Höppner ist zurückgerudert. Das geplante „Bündnis gegen Rechts“, mit dem ein Einzug der rechtsextremistischen Deutschen Volksunion (DVU) in den sachsen-anhaltinischen Landtag verhindert werden sollte, kommt nicht zustande. Regierungssprecher Hans Jürgen Fink sagte: „Es wird keine gemeinsame Aktion der im Landtag vertretenen Parteien geben.“

In der vergangenen Woche hatte Höppner ein solches Bündnis angeregt. Doch gestern meinte sein Sprecher, durch ein Bündnis würde die DVU „nur aufgewertet“. An eine irgendwie organisierte Form habe der Ministerpräsident nie gedacht, versicherte Fink, es sei ihm darum gegangen, daß alle Parteien sich jeweils öffentlich von der DVU deutlich distanzieren. Höppner selbst geht jetzt in seinen Wahlkampfreden auf die DVU ein. Mit Blick auf den Parteivorsitzenden und -finanzier, den rechten Münchner Verleger Gerhard Frey, sagt er, hinter der DVU steckten „Westmillionen, die im Osten Chaos stiften sollen“.

Die Bündnisgrünen hätten bei Höppners Bündnis gern mitgemacht. Fraktionschef Hans-Jochen Tschiche bleibt dabei: „Es müßte eine öffentliche Erklärung aller demokratischen Parteien geben.“ Käme die DVU am kommenden Sonntag wirklich in den Landtag, „wäre dies eine richtige Katastrophe für den Osten“.

Gescheitert ist das geplante Bündnis offenbar an der CDU, sie lehnte eine gemeinsame Erklärung ausdrücklich ab. Landesparteichef Karl-Heinz Daehre sagte, jede Partei solle gegen die DVU kämpfen. Bestes Mittel sei eine hohe Wahlbeteiligung. Aber „in gleichem Maße“ wie über die Rechtsextremisten müsse Höppner „über die linke Szene sprechen“, nämlich die PDS. Seine Partei wolle „weder von rechts noch von links Extremisten“ im Landtag. Sollte die DVU wirklich, wie in einigen Meinungsumfragen prognostiziert, über die Fünfprozenthürde kommen, werde es von seiten der CDU „keinerlei Zusammenarbeit“ geben.

Für die Umfrageerfolge der DVU macht Daehre den Ministerpräsidenten verantwortlich. „Durch die verfehlte Wirtschaftspolitik und die hohe Arbeitslosigkeit hat Höppner den Nährboden dafür geschaffen.“ Der Grüne Hans-Jochen Tschiche dagegen zeigt mit dem Finger auf die CDU. Auch sie schreibe in ihrem Wahlprogramm, kriminelle Ausländer müßten ausgewiesen werden. „Die machen die Rechten hoffähig“, so Tschiche. Und hinter der Absage an ein gemeinsames Bündnis stehe die Hoffnung der CDU, selbst aus dem rechten Wählerpotential schöpfen zu können.

Doch könnte gerade ein Einzug der DVU in den Landtag der CDU die ersehnte Regierungsbeteiligung bringen: In diesem Falle werde, so hieß es aus Bonner SPD- Kreisen, in Magdeburg eine große Koalition gebildet. Denn Höppners Strategie, sich als Minderheitsregierung von Fall zu Fall im Landtag eine Mehrheit zu suchen, würde durch die Rechten obsolet. Nach dem Scheitern des „Bündnisses gegen Rechts“ wolle man jetzt die gesellschaftlichen Initiativen im Lande unterstützen, die gegen die DVU Front machen, kündigte Regierungssprecher Fink an. Sachsen-Anhalts Ausländerbeauftragter will Sportler gewinnen, die öffentlich dazu aufrufen, nicht die DVU zu wählen; so hofft man, besser an das Milieu heranzukommen, als es Aufrufe von Politikern könnten. Und der grüne Landtagsfraktionschef Tschiche plant eine Pressekonferenz mit Parteifreunden aus Bremen, die von dem parlamentarischen Versagen der dortigen DVU berichten.

Bei der DVU selbst sieht man das Agieren der etablierten Parteien mit Genugtuung. Dieter Kannegießer, Kreisvorsitzender in Halle-Merseburg-Saalkreis und auf Platz drei der DVU-Liste zur Wahl, sagte, es sei ihre Absicht gewesen, Höppner und die großen Parteien aufzuscheuchen. „Das ist uns gelungen.“ Kannegießer bestätigte, daß das Geld für den Wahlkampf aus München kommt. Über größere Spenden an die DVU wisse er nichts: „Die kommen nicht bei mir an, die gehen sofort nach München.“

Kandidat Kannegießer, ein 60jähriger Vorruheständler, meint, die DVU „habe nichts mit den äußersten Rechten zu tun, wir sind eine ganz normale Partei“. Gegen die NPD und deren Programm grenze man sich grundsätzlich ab. „Wir wollen keinen Klassenkampf wie die.“ Sein Sohn und sein Schwiegersohn, erzählt Kannegießer, seien beide Maurer und beide arbeitslos. „Wenn ich die Baustellen in Halle sehe, da hört man fast kein deutsches Wort mehr.“ Er habe nichts dagegen. „Bloß an erster Stelle sollten sie den Deutschen Arbeit geben.“

DVU-Spitzenkandidat Helmut Wolf sagt, er erwarte sieben bis neun Prozent der Wählerstimmen. Auch Kannegießer rechnet fest damit, daß die DVU in den Magdeburger Landtag einzieht. Konkrete Vorhaben hat er noch nicht. „Das erste, was ich tun werde, ist, die Geschäftsordnung angucken, damit ich da keine Fehler mache. Das ist ja Neuland.“ Annette Rogalla, Toralf Staud