Kampagne für das „politische Mandat“

■ Über 100 Studenten trafen sich in Potsdam. Kongreß reagiert auf eine Prozeßwelle gegen die Asten. Kein Dialog mit den angereisten Klägern

Potsdam (taz) – Brandenburger Studenten und Studentinnen haben es schriftlich von ihrem Wissenschaftsminister: „Lassen Sie nicht zu, daß sich an den Hochschulen rechtsradikale Tendenzen breitmachen. Bekämpfen Sie diese, wo Sie können.“ Das dürfen die Studenten, nicht aber deren gewählte Vertretungen. Auch dem Potsdamer Studierendenrat ist es gerichtlich untersagt, sich „allgemeinpolitisch“ zu äußern.

Jetzt wollen Studenten mit einer bundesweiten Kampagne für das „politische Mandat“ der Asten (Allgemeine StudentInnenausschüsse) mobil machen. „Hier geht es um Zensur studentischer Politik“, erklärte ein Sprecher der Asten. Diese Zensur diene „dem Erhalt von Machtverhältnissen und der Durchsetzung ökonomischer Interessen“. Angelehnt an das Modell der Kampagne „Kein Mensch ist illegal“ will man ein breites Bündnis für das Recht der gewählten Studentenvertreter auf freie Meinungsäußerung gewinnen. Erwogen wird auch, ein juristisches Gutachten in Auftrag zu geben.

Dieses Ergebnis erarbeiteten über 100 Studenten aus ganz Deutschland am Freitag in Potsdam. Auf dem bundesweiten Kongreß „Für das politische Mandat“ hatten sie Möglichkeiten gesucht, der gegenwärtigen Prozeßwelle gegen die Asten zu begegnen. Bereits in sechs Urteilen haben Gerichte den Asten Äußerungen zu „nicht hochschulpolitischen“ Themen verboten. Die Gerichte beanstandeten Stellungnahmen zum Castor-Transport und zur Räumung besetzter Häuser. Das Oberverwaltungsgericht Münster verurteilte den dortigen Asta gar wegen des Abdrucks eines Gesprächs mit einem ehemaligen KZ-Häftling. Das, so ein Asta-Vertreter, „ist etwa so, als wenn man Juristen verbietet, über den Paragraphen 218 zu reden“.

Eine Verurteilung kommt die Asten meist teuer zu stehen: 26.000 Mark an Ordnungsgeldern mußten Marburger Studentenvertreter zahlen. In Bremen wird gar wegen Aufrufung zu Straftaten, Verleumdung und Beleidigung ermittelt.

Die Kläger – von denen drei in Potsdam waren, dort aber vor die Tür gesetzt wurden – stammen aus konservativen bis stramm-rechten Kreisen. Lediglich der Kläger aus Münster, der 24 Klagen eingereicht hat und inzwischen zwangsexmatrikuliert wurde, bezeichnet sich als „so unpolitisch wie die Schweiz“. Jeannette Goddar