Alternatives Bankett für Asiens Völker

■ Zum Asien-Europa-Gipfel drängen regierungsunabhängige Organisationen auf die Thematisierung der Menschenrechte

London (taz) – „Wir wollen weder nach der Pfeife eines indonesischen Suhartos noch nach jener der Weltmärkte tanzen.“ Mit diesem Satz brachte der philippinische Aktivist und Sozialwissenschaftler Walden Bello die Position der 150 asiatischen und europäischen regierungsunabhängigen Organisationen auf den Punkt, die sich in London vor dem morgen hier beginnenden Asien-Europa- Gipfel (Asem) versammelt haben. Sie wollen insbesondere denjenigen eine Stimme geben, die beim Treffen der 25 Staats- und Regierungschefs und den begleitenden Wirtschaftskonferenzen nicht vertreten sein werden.

Im Mittelpunkt des Alternativtreffens, das am Dienstag begonnen hat, steht die Asienkrise, jedoch beschränkt man sich nicht auf ihre wirtschaftlichen Aspekte. „Die Krise erzeugt einen Druck für politischen Wandel, birgt aber auch das Risiko verstärkter Unterdrückung“, so Rory Mungoven von amnesty international. Er forderte vom Asem-Gipfel, den Schutz der Menschenrechte in den Mittelpunkt seiner Bemühungen um Stabilität, wirtschaftliche Entwicklung und Partnerschaft in den asiatisch-europäischen Beziehungen zu stellen. Die von den Organisationen vorab veröffentlichte Erklärung, die sogenannte „People's Vision“, fordert die Politiker auf, bei ihren Treffen auch über Kinderarbeit, sexuelle Ausbeutung von Frauen und Waffenhandel zu sprechen.

Auf starke Kritik bei den regierungsunabhängigen Organisationen stößt das Management der Asienkrise. Gefordert wird die Regulierung der internationalen Finanzmärkte. „Es handelt sich um eine Krise der Globalisierung und weniger um eine, die von Regierungen verursacht wurde. Wir sehen hier das Scheitern der Märkte und der Privatwirtschaft“, so Walden Bello. Die Finanzmärkte in Südostasien seien zu schnell liberalisiert werden. Auf die durch private Schulden verursachte Krise hätten die internationalen Finanzinstitutionen mit der Reduzierung öffentlicher Ausgaben reagiert und die Krise verschärft. „Die EU- Staaten sollten ihren Einfluß im Internationalen Währungsfonds nutzen, dort mehr Transparenz, mehr Demokratie und mehr Rechenschaft durchsetzen“, forderte Martin Khor vom Third World Network aus Malaysia.

Auffallend waren die Unterschiede zum letzten Treffen vor zwei Jahren in Bangkok. Damals hatte die thailändische Regierung versucht, das Treffen zu verhindern. Der Vertreter des Widerstands in Ost-Timor und spätere Nobelpreisträger, Jos Ramos- Horta, war mit einem Einreiseverbot belegt worden. In London dagegen trat bei der Konferenzeröffnung nicht nur die britische Entwicklungshilfeministerin Clare Short persönlich auf. Ihr Ministerium trug mit rund einer halben Million Mark gleich den Löwenanteil der Kosten. Ohne Unterstützung der Regierung finden auch in London nach wie vor die Veranstaltungen statt, die einen konfrontativereren Charakter haben wie eine Demonstration an diesem Samstag. Für heute planen Solidaritätsgruppen ein Alternativbankett für diejenigen Völker in Asien, „die bei Asem nicht vertreten oder deren Länder besetzt sind“, so Elison Reynolds von der Kampagne für ein freies Tibet. Sven Hansen