Rechenspiele am Sorgentelefon

■ Für Anhänger der Bündnisgrünen, die an ihrer Partei zu verzweifeln drohen, gibt es jetzt Hilfe. Bundesweit zum Ortstarif: 0180-3422522

Wiesbaden (taz) – Der Preis ist immer noch heiß. Fünf Mark für den Liter Benzin im Jahre 2008 – die Forderung der Bündnisgrünen treibt die Nation der AutofahrerInnen nach wie vor auf die Barrikaden. Jetzt hat die Partei für alle BürgerInnen der Republik Info- Hotlines geschaltet. Bündnisgrüne Seelsorge gibt es bundesweit zum Ortstarif unter der Einheitsnummer: 0180-3422522. Betrieben werden die Hotlines derzeit von den Landesverbänden Baden-Württemberg, Hessen und demnächst Sachsen und Niedersachsen. Tröstliches hatte gestern in Wiesbaden der Bundestagsabgeordnete Matthias Berninger schon kurz vor der Freischaltung den Medienschaffenden zu berichten. Im Jahre 2008 koste der Liter Sprit nach den Vorstellungen der Partei nämlich nicht fünf Mark, sondern nur noch 2,50 Euro. Schlappe zwei Euro und fünfzig Cent.

Ernsthaft wollen die Bündnisgrünen auch in Hessen den Beschluß von Magdeburg nicht wieder gekippt sehen. Auch wenn der Vorsitzende der Landtagsfraktion der Partei, Alexander Müller, in der vergangenen Woche beim Benzinpreis eine „Korrektur nach unten“ eingefordert hatte. Proteste gegen den „Umfaller“ überall in der Partei. Mit Müller ging die Parteiführung am Freitag hart ins Gericht. Gestern schon war der Renegat wieder auf Linie. Müller sitzt heute von 14 bis 16 Uhr an der Hotline.

„Benzinpreis pro Legislaturperiode“ heißt die neue Zauberformel, mit der die verärgerten WählerInnen und die vergrätzten ParteifreundInnen an der Basis wieder ruhiggestellt werden sollen. Landesvorstandssprecher Tom Koenigs machte für alle grünen WahlkämpferInnen die neue bundesweit verbindliche Rechung auf: „Drei Groschen pro Jahr mehr, plus zwei Groschen für den Ausgleich der wegfallenden Kfz- Steuer.“ Das mache am Ende der nächsten Legislaturperiode im Jahre 2002 zusammengenommen 1,40 Mark zusätzlich pro Liter Benzin. Oder 0,70 Euro. Der neue Preis liegt dann also bei drei Mark pro Liter. Und danach? Müßten die Erfahrungen ausgewertet und neue Beschlüsse für die nächste Legislaturperiode verabschiedet werden, sagte Koenigs. Also doch eine Abkehr vom Ziel: fünf Mark in zehn Jahren? „Im Prinzip nicht“, Radio eriwante der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, Frank Kaufmann. Doch das Thema sei „kaputtdemagogisiert“ worden.

Berninger sprach von einem „politischen Erdbeben“, das die Partei nach dem Benzinpreisbeschluß von Magdeburg erschüttert habe. Und die Schwere dieser anhaltenden Beben werde heute auf der „Saibold-Skala“ ermittelt. Die Bundestagsabgeordnete Halo Saibold hatte nach dem Benzinpreisbeschluß auch noch die Beschränkung der Reisetätigkeit der Deutschen auf maximal eine Flugreise in fünf Jahren gefordert. „Wir stecken ohne Zweifel in einer Krise“, bekannte der Bundestagsabgeordnete Berninger. Jetzt müsse den Menschen auch an den Hotlines vermittelt werden, daß nur mit einer ökologischen Steuerreform über die Senkung der Lohnnebenkosten neue Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Klaus-Peter Klingelschmitt