Wirbel um Familie M.

■ Libanesische Familie kam von Wiesmoor nach Bremerhaven /Herkunft weiter ungeklärt / Städte streiten jetzt um Betreuung

Die angeblich libanesische Familie, von der mehrere Mitglieder bereits straffällig geworden sind, stammt nach Angaben der Bremerhavener Ausländerbehörde aus dem türkischen Ort Gelimkaya. Das Dorf soll im kurdischen Teil des Landes in der Nähe der syrischen Grenze liegen. Von dort soll zumindest die Mutter des Clans in den Libanon abgewandert sein. „Dort hat sie vermutlich den Familienvater Saleh M. kennengelernt, der also tatsächlich aus dem Libanon stammen könnte“, erläutert Horst Recht, Leiter der Ausländerbehörde.

Auf diese neue Spur hat der Familienvater die Behörden geführt. Er hat in einer Vernehmung zugegeben, daß ein Libanese in Bremerhaven der Bruder seiner Frau sei. Diesem Mann wiederum kann das Ausländeramt nach eigenen Angaben nachweisen, daß er aus dem türkischen Gelimkaya stammt. Er soll ausgewiesen werden.

Das wird aber bei der Familie M. weiterhin ein großes Problem bleiben. Zur Zeit scheitert das Vorhaben an den türkischen Behörden. Das Bonner Generalkonsulat verlangt, daß die Familienmitglieder freiwillig einen Antrag auf Paßersatzpapiere stellen. Sonst werden sie spätestens an der türkischen Grenze abgewiesen. Dafür stehen die Chancen gleich Null, da die Familie keine Anstalten macht, freiwillig die Bundesrepublik zu verlassen. Zumal die Eltern und die fünf Kinder eine unbegrenzte Duldung mit Aufenthaltserlaubnis für ganz Deutschland besitzen. „Wir bemühen uns jetzt, die Identität zumindest der Mutter über die deutsche Botschaft in Ankara feststellen zu lassen“, sagt Bremerhavens Ausländeramtsleiter Recht. Solange gilt ihre Nationalität aber weiter als unbekannt, und sie können nicht abgeschoben werden. Auch Sprachtests helfen bei der Klärung nur wenig, heißt es, da der kurdische Dialekt, den die Familie spricht, in den Grenzregionen zwischen Libanon, Syrien und der Türkei verbreitet ist. Auch Arabisch beherrscht die Sippe, die offizielle Amtssprache im Libanon.

Allerdings läßt man in Bremerhaven zur Zeit nichts unversucht, um die ungeliebte Familie loszuwerden. Grund: Das Strafregister der einzelnen Familienmitglieder füllt inzwischen mehrere Aktenordner. Auf das Konto des Vaters gehen nach Angaben des Magis-trats zahlreiche Diebstähle, gefährliche Körperverletzung und – zusammen mit seiner Frau – Urkundenfälschung. Dafür saß er auch schon im Gefängnis. Am vergangenen Montag wurde er dann mit Heroin und Kokain im Gesamtwert von etwa 30.000 Mark und einer Pistole angetroffen. Im Falle einer Verurteilung muß er mit mindestens fünf Jahren Knast rechnen.

Unter den Kindern sind besonders die zwei jüngsten Söhne aufgefallen. Der heute 15jährige stand bereits zweimal wegen Einbruchs und Sachbeschädigung vor Gericht. Hinzu kommen Raubversuch und Körperverletzung, so Magis-tratssprecher Wilfried Moritz. Sein heute 13jähriger Bruder wurde bereits bei Diebstählen, Einbrüchen und Körperverletzung erwischt, ist aber noch nicht strafmündig.

Angesichts dieser Straflatte haben die jeweils zuständigen Behörden den Versuch, die Familie sozial zu integrieren, aufgegeben. Eingereist ist der Clan 1986 aus Beirut und Ost-Berlin über Helmstedt. 1987 erhielten sie eine Wohnung im niedersächsischen Wiesmoor, wo sie bis August vergangenen Jahres auch trotz des abgelehnten Asylverfahrens blieben. Dazu Gerrit Fuhrmann, Sprecher des Landkreises Aurich: „Es war uns aber nicht möglich, Gespräche mit der Familie in Gang zu bringen. Alles wurde abgelehnt. Eine Sozialarbeit war nicht vermittelbar.“

Darum wurde die Familie in einer Nacht- und Nebelaktion 1997 nach Bremerhaven verfrachtet. „Da sie sich in ganz Deutschland aufhalten darf, konnten wir dagegen kaum etwas unternehmen. Allerdings mußte Wiesmoor weiter die Sozialhilfe zahlen“, so Magis-tratssprecher Moritz. Spätestens ab da fühlte sich aber keine Behörde mehr zuständig für die Familie. Um weitere Integrationsversuche wird Bremerhaven künftig aber nicht herum kommen, wenn sich die Nationalität nicht klären läßt. Denn in Wiesmoor würde man gegen eine Rückführung der M.'s klagen, heißt es. Jens Tittmann